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Leute von nebenan Leute von nebenan: Rheinische Frohnatur feiert auf altem Gutshof

Von Ralf Böhme 26.11.2001, 20:50

Peißen/MZ. - Bettina Oemisch nennt sich eine rheinische Frohnatur. Wie sonst kommt man auf die Idee, Düsseldorf gegen Peißen einzutauschen? Zehn Jahre ist es her, dass sie zwischen Bahnlinie und Autobahn zwei alte Bauernhöfe übernommen hat. Auferstanden aus Ruinen entwickelt sich dort ein Geheimtipp für Leute, die gut und gerne feiern.

Grund und Gebäude, zurück im Familienbesitz, geben ihrem Leben eine Wendung. Landwirtschaft - das ist ihre Sache nicht. Wer erwartet das auch von einer Modedesignerin? Das Feld, auf dem sie seit 1991 ackert, bestellt Bettina Oemisch mit Ideen. Manches dauert Jahre, zeigt sich inzwischen aber von der besten Seite. Ein Beweis dafür ist der ehemalige Schweinestall. Nichts erinnert mehr an das Borstenvieh, das ihr Großvater dereinst dort gemästet hat.

Der Zufall spielte eine große Rolle. "Es fiel so viel Putz herab, dass ein Stück Kreuzgewölbe sichtbar wurde." Über Wochen kratzte die Frau die Decken und Wände frei. Später grub sie das muffige Fundament aus, verlegte schwere Keramikfliesen. Die ersten acht Stühle waren Leihgaben. Später kamen schwere Kirchenbänke dazu. Es entstand eine rustikale Festhalle, in der Gäste im Schein von Fackeln und Kerzen tafeln.

Die Kochmütze trägt Ehemann Herwig. Der Hallenser steht gern am Herd. Es ist sein Beruf. Die Fäden der Organisation liegen aber immer in den Händen von Bettina Oemisch. Belegschaftsfeier oder Fernsehteam, Hochzeit oder runder Geburtstag mit Kind und Kegel - den Regieplan stimmt die Gastgeberin mit ihren Kunden bis ins Detail ab. Da fehlt nicht der Birkenstamm, denn das Brautpaar zersägen muss. Das Zeremoniell mit Brot und Salz lebt auf. Überraschungen für die jüngsten Gäste sind selbstverständlich. Die 41-Jährige: "So viel Zeit muss sein. Und Feste planen macht Spaß."

Bettina Oemisch versteht ihr Gut mittlerweile als Lebensaufgabe. Das gibt ihr auch die Gelassenheit, sagt sie, um Schwierigkeiten zu meistern. Was nach Festen in der Kasse übrig bleibt, steckt sie umgehend in den Ausbau ihres Hofes. Fördermittel und Zuschüsse? Fehlanzeige. Oft steigt sie in die Maurerklamotten und legt, wo es nur geht, selbst Hand an. "Der Grillplatz ist mein Werk." Auch wer vom Fach ist, staunt über die sauber gearbeiteten Fugen.

Nachdem man nun auch im früheren Pferdestall das Tanzbein schwingen kann, träumt Bettina Oemisch von der Rettung eines benachbarten leerstehenden Fachwerkhauses. "Ideal für eine Galerie." Natürlich ist es ein Wettlauf gegen den Verfall, aber nicht chancenlos. "Das haben mir die Sterne verraten", meint sie schmunzelnd. In freien Stunden liest Bettina Oemisch am liebsten astrologische Bücher und hört spanische Musik. Auf Urlaubsreisen verzichtet die Familie zur Zeit. Tochter Juliana, zwei Jahre alt, soll ohne Hektik auf dem Hof aufwachsen.