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Leute von nebenan Leute von nebenan: Mann taucht in Historie ab

Von Ralf Böhme 26.02.2004, 16:47

Kabelsketal/MZ. - Ingolf Brömme aus dem kleinen Saalkreis-Dorf Osmünde hat den richtigen Riecher für alles, was im Kabelsketal aus dem Rahmen fällt. Und davon muss es rund um Gröbers eine ganze Menge geben. Deshalb kann es der 49-Jährige auch nicht bei einsamen Nachforschungen belassen. Vielmehr versucht der gelernte Ofensetzer das ganze Dorf zu begeistern. Sein Steckenpferd - Entdeckungen in Vergangenheit und Gegenwart - pflegt der heutige Flughafenangestellte im Verein "Osmünder Spritze 1811".

Ausgangspunkt der Aktivitäten war eine kleine Notiz in einer alten Chronik, die vom ersten spektakulären Spritzen-Einsatz in der napoleonischen Besatzungszeit berichtete. Brömme als ehemaliger Wehrleiter und jetziger Ehrenfeuerwehrmann wollte mehr wissen, fahndete in Archiven, befragte viele Dorfbewohner. Das Ende vom Lied war, dass die Osmünder 2002 das historische Geschehen samt Pferdegespann, Spritze und Uniformen detailgetreu nachspielten - ein Riesenspaß für Akteure und Besucher. Einmal daran Spaß gefunden, gründeten Brömme und seine Mitstreiter im September 2002 den Spritzenverein.

Neben dem vorbeugenden Brandschutz, so steht es in der Satzung, konzentriert der Verein seine Kräfte auf die Erforschung der Heimatgeschichte. Den mittlerweile 35 Mitgliedern gelang es damit binnen kurzer Zeit, das Dorf weit über die Grenzen des Saalkreises hinaus bekannt zu machen. Als Ideengeber und Spielmacher fungiert Brömme, von Anfang an Vereinsvorsitzender. Frau Hiltrud und Sohn Enrico müssen wohl oder übel in Kauf nehmen, wenn dafür viele Feierabende, Wochenenden und Urlaubstage geopfert werden.

Beim Stöbern in alten Kirchenbüchern stieß der Hobby-Historiker auf längst vergessenes Brauchtum - ein so genannte "Appelsfest", das mit dem mittelalterlichen Sündenablass zu tun hatte. Brömmes Entdeckung ließ auch das 1986 eingestürzte Osmünder Gotteshaus in neuem Licht scheinen. Wie sich herausstellte war die Kirche zu Luthers Zeiten, angeblich wegen dem sagenhaften Wirken einer Jungfrau, ein viel besuchter Wallfahrtsort. Dass die Osmünder inzwischen wieder ihr "Appelsfest" feiern, darf angesichts Brömmes Umtriebigkeit niemanden wundern. Dann finden sogar Minister und Landräte den Weg in den kleinen Ort zwischen A 14 und B 6. Forschungen zur Branntwein-Herstellung aus einheimischen Zuckerrüben bestimmten das Vereinsleben im Vorjahr. Jetzt wollen Brömme und seine Mitstreiter, zu denen auch die örtliche Feuerwehr und der Chor der Arbeiterwohlfahrt gehören, mehr über einen verheerenden Dorfbrand in Erfahrung bringen. Sogar an Brandversuche ist gedacht. Im Sommer soll es soweit sein, so Brömmes Plan.