1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Leute von nebenan: Leute von nebenan: Eisdorfer störte «Bild des Jammers»

Leute von nebenan Leute von nebenan: Eisdorfer störte «Bild des Jammers»

Von Ralf Böhme 17.08.2003, 16:17

Teutschenthal/MZ. - Andere legen sich im Urlaub gern in die Sonne. Heino Einführ schneidet derweil, begleitet von Schäferhündin Lessy, am Kriegerdenkmal im Teutschenthaler Ortsteil Eisdorf den Efeu. Der Stein erinnert nicht mehr nur an die Sieger von Sedan im Krieg 1870 / 71 gegen Frankreich. Seit der Instandsetzung ist es den Opfern aller militärischen Ausein-

andersetzungen gewidmet.

Auf die Initiative des 31-Jährigen geht es zurück, dass das Kriegerdenkmal heute wieder den Dorfplatz schmückt. Das Bild vorher: Unkraut, morsche Pappeln, verwittertes Gestein - das Ergebnis nach Jahrzehnten des Verfalls. "Ein Bild des Jammers, das mich störte", so Heino Einführ über seine Beweggründe. Sein inzwischen verstorbener Vater, der zum Jahrgang der Flak-Helfer im Zweiten Weltkrieg gehörte, ermunterte ihn.

Tagsüber arbeitet der junge Mann in seiner Schuhmacher-Werkstatt am halleschen Reileck. Abends sammelt der Eisdorfer die Spenden für das Denkmal ein oder vertieft sich in Abhandlungen zur Militärgeschichte. Gern stöbert er auch in überlieferten Aufzeichnungen der Vorfahren. Ehefrau Kerstin akzeptiert dieses ungewöhnliche Engagement für die Heimat- und Familiengeschichte.

Heino Einführs Ur-Ur-Großvater beispielsweise ist als Dorfschulze in der Chronik vermerkt. "In seine Amtszeit fiel der Bau des Kriegerdenkmals, das im Jahr 1911 aufgestellt wurde." Eine Ansichtskarte, gehütet als kostbarer Schatz, erinnert an das wichtige Ereignis und dient zugleich als historisches Vorbild bei der Ausgestaltung der Anlage.

In den Reihen der freiwilligen Feuerwehr, in der Einführ auch selbst aktiv ist, fanden sich Verbündete für das Sanierungsvorhaben. So formierte sich eine Bürgerinitiative für die Wiederherstellung des Kriegerdenkmals aus Rochlitzer Porphyr. Einführ übernahm das Ehrenamt des Sprechers und Vorsitzenden.

Lange Zeit gab es keine Übersicht zu den tatsächlichen Opferzahlen. Die elf Mitglieder der Bürgerinitiative schwärmten deshalb aus, um alte Eisdorfer zu befragen. Monatelang studierte Einführ in Kirchenbüchern und Meldeunterlagen. Nunmehr steht fest: Den höchsten Blutzoll entrichtete der kleine Ort im Zweiten Weltkrieg - 73 Tote.

Auch bei den Instandsetzungsarbeiten, so der Rodung der Pappeln, legte die Bürgerinitiative kräftig mit Hand an. Nur Spezialaufgaben wurden dem Steinmetz und dem Metallgießer überlassen. Einführ, der Regie führte bei der feierlichen Weihe des Monuments, meint: "Die Mühe hat sich gelohnt. Mancher, der Angehörige verlor, hat nun endlich eine Stätte des Gedächtnisses." Blumen und Kränze werden dort nicht nur am Volkstrauertag niedergelegt. Einmal im Jahr lädt der Verein die Hinterbliebenen von Kriegsopfern ein.