Leuchtendes Geschirr für Sterneküchen Leuchtendes Geschirr für Sterneküchen: Ideen aus Halle sind gefragt

Halle (Saale) - Es soll das Essen von Sterneköchen wie auf einer Bühne präsentieren: Die angehende Designerin Judith Anders zeigt auf den Boden ihres Geschirrs. Eine der weißen Porzellantassen hat am unteren Rand einen grünen Streifen. Die 23-Jährige strahlt ihn mit einer Taschenlampe an und bringt ihn so zum Leuchten. „In dem Geschirr sind Pigmente, die im Dunkeln phosphoreszieren“, erklärt die junge Frau. Die edle Tasse ist Teil eines sechsteiligen Geschirrsets. Judith Anders und andere künftige Designerinnen der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle wollen mit ihren Ideen nun die gehobene Gastronomie erobern.
Vor gut einem Jahr begannen die elf Kommilitoninnen im Rahmen des Hochschulprojekts „Sterneküche versus Kantine“ darüber nachzudenken, wie Teller und Tassen für die Sterneküche aussehen und was sie leisten müssten. „Die Sterneküche setzt auf individuelles Geschirr“, erklärt Mikaela Dörfel. Sie ist Gastprofessorin an der Burg. Ihr war wichtig, dass ihre Studentinnen neben sogenanntem Profiporzellan für die gehobene Küche auch Geschirr für Kantinen entwickelten. „Kantinen sind viel anspruchsvoller geworden und setzen dennoch auf günstiges und praktikables Geschirr“, erklärt Dörfel.
Burg Giebichenstein: Porzellandesign hat lange Tradition
Das Porzellandesign hat eine lange Tradition an der Burg Giebichenstein und ist eng mit dem Namen Marguerite Friedlaender verknüpft. Die Keramikkünstlerin wurde in der Töpferwerkstatt des Bauhauses Weimar unter anderem von Gerhard Marcks ausgebildet. 1925 kam sie nach Angaben der Kunsthochschule an die Burg nach Halle, um dort die Töpferei zu leiten. Zu ihren bekanntesten Arbeiten gehört die Vasen-Serie „Halle“ sowie das Kaffee- und Tee-Service „Hallesche Form“. Die Burg gehört heute nach eigenen Angaben zu einer der renommiertesten Kunsthochschulen Deutschlands.
Judith Anders hat sich bei ihrem Geschirrset vom Theater inspirieren lassen. „Die meisten Sterneköche suchen nach einer passenden Bühne für ihre Gerichte“, sagt die angehende Designerin. Die Teller und Gefäße ließen sich abwechselend wie eine Kulisse aufbauen. Von unten könne das Geschirr zudem mit UV-Licht bestrahlt und so zum Leuchten gebracht werden. Die Idee sei gut umsetzbar, erklärt die 23-Jährige. Denn in Sternküchen gebe es oft sogenannte Filetiertische zum Zubereiten von Fisch. Mit diesen leuchtenden Tischen könne das Geschirr vor dem Servieren angestrahlt werden.
„Individuelle und natürliche Stoffe sind in Sterneküchen gefragt“
Aber nicht nur mit phosphoreszierenden Pigmenten haben die jungen Designerinnen experimentiert. Lena Beigel hat aus einem Gemisch aus Gesteinsmehl und Harz Geschirr mit funktionalem Muster geformt. In die Tassen sei ein Relief eingearbeitet, in das bedarfsweise ein edler Henkel aus Metall geklemmt werden könne, erklärt die 30-Jährige ihre Idee. „Individuelle und natürliche Stoffe sind in Sterneküchen gefragt.“
Die jungen Designerinnen wollen ihre Stücke nun weiterentwickeln. Erste Kontakte in die Branche konnten sie während des Projekts bei Ausstellungen und Firmenbesuchen bereits knüpfen, wie Mikaela Dörfel sagte. Die Gastprofessorin sieht Potenzial in den Ideen aus Halle.
Aus Sicht des Verbands der Keramischen Industrie gehört die Herstellung von Geschirr zu einem wichtigen Zweig der Keramikbranche. Es gebe einerseits traditionelle Porzellan-Manufakturen, die ihre Waren kunsthandwerklich vor allem für die gehobene Gastronomie erfolgreich anbieten würden, erklärte der Hauptgeschäftsführer Christoph René Holler im bayrischen Selb. Andererseits seien Produzenten auf Projektgeschäfte spezialisiert und könnten ihre Produkte gut auf dem Markt platzieren. (dpa)