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Leichtathletik Leichtathletik: Nadine Müller: "Ich bleibe die Nummer eins"

Von Christoph Karpe 13.06.2014, 20:40
Wolken über Nadine Müller - es ist nur das Wetter.
Wolken über Nadine Müller - es ist nur das Wetter. Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Die Disken wollen nicht so recht über die Wiese an den Brandbergen fliegen. Was Nadine Müller auch anstellt. Und sie kennt den Grund genau, spürt ihre technischen Defizite sofort. Mal ist es die Hüfte, die sich bei der Drehung im Zusammenspiel mit dem Rest des Körpers nicht so bewegt, wie sie es sollte, mal fehlt Tempo. Also grummelt die Hallenserin nach jedem ihrer Trainingsversuche vor sich hin, schimpft auf sich selbst.

Ihr komplett schwarzes Outfit - von der Sonnenbrille, über das Trikot bis hin zu den Sportschuhen - passt irgendwie zur verbalen Schwarzmalerei. Coach René Sack steht daneben. Er mag die Dinge nicht ganz so düster sehen. „Es ist nichts Gravierendes, es geht nur um die Abläufe, dass die wieder perfekt stimmen, das Tempo kommt noch“, redet er beruhigend auf Deutschlands beste Diskuswerferin ein.

Nadine Müller mag auch nicht viel Aufhebens um ihre Unzufriedenheit machen. „So bin ich doch immer, weil ich stets das Optimum möchte“, sagt sie, nachdem die Serie beendet ist. Alles halb so wild. Wer ehrgeizig ist, der kann doch über weniger Gutes nicht einfach hinwegsehen. Und jetzt sei es an der Zeit, bei einem unschönen Trend gegenzusteuern. „Ich werde mich jetzt 14 Tage wieder voll ins Training stürzen. Das hat mir gefehlt“, sagt die 28-Jährige. Es fiel beinahe flach, weil Nadine Müller von Wettkampf zu Wettkampf hetzte und die Form und die Technik irgendwie darunter gelitten haben.

Von 67 auf 62 Meter

Bei den Werfertagen auf der heimischen Anlage vor einem Monat zeigte die WM-Vierte des Vorjahres ihr Potenzial für die EM-Saison: 67,30 Meter. Damit führt sie immer noch die deutsche Jahresbestenliste an. Dann reiste sie zum Diamond-League-Meeting nach Eugene (USA), schaffte dort als Vierte noch 64,37 Meter. Was gar nicht übel ist, zumal ihr Gepäck abhanden gekommen war. Aber erstmals wurde sie dort von der Mannheimerin Shanice Craft (65,38/2.) bezwungen. Nach einer chaotischen Rückreise mit Flugausfall „und 36 Stunden ohne Schlaf“, wie Müller erzählt, kam sie völlig gestresst in der Heimat an. Es folgte in Rehlingen eine erneute Niederlage gegen Craft. Und am vergangenen Mittwoch, auf der nächsten Diamond-League-Station in Oslo, fiel der müllersche Diskus beim besten Versuch schon nach 62,73 Metern zu Boden. Eine dürftige Weite.

Der Formknick beunruhigt Nadine Müller jedoch nicht. „Wenn ich nur 58 Meter schaffen würde, dann sollte ich mir Sorgen machen“, sagt die Bundespolizistin. Und da sie die Ursachen für die zuletzt schwächeren Serien kennt - Reisestress, wenig Training - weiß sie natürlich, wo der Hebel anzusetzen ist. „Ich brauche es, mich im Training richtig auszupowern. Am liebsten habe ich kurz vor einem Wettkampf noch Muskelkater“, sagt sie.

Aber da ist noch die Konkurrentin Shanice Craft, die gerade dabei ist, Nadine Müller die nationale Nummer eins streitig zu machen. Und „die wirklich etwas drauf hat“, wie Trainer Sack über die 21-jährige Aufsteigerin des Jahres urteilt. Craft hat die Adduktorenprobleme aus der Vergangenheit offenbar ausgestanden. Auf Craft angesprochen, blitzen die Augen von Nadine Müller kämpferisch. „Die ist gut, aber ich führe die Bestenliste an. Und ich habe nicht vor, sie vorbeizulassen. Ich bin und bleibe die deutsche Nummer eins“, sagt sie.

Gepäck geht verloren

Ihre Wettkampf-Tour wird sie in 14 Tagen dennoch, trotz der zusätzlichen Belastung, wieder aufnehmen. „Ich habe im Vorjahr durch meine Verletzung so viele Meetings verpasst, jetzt will ich dabei sein“, sagt Nadine Müller, die sich mittlerweile daran gewöhnt hat, dass sie auf ihren Trips ständig ohne Gepäck dasteht. Auch auf der Rückreise von Oslo ging eine Tasche verloren.

Mal ist etwas weg, dann wieder da - so ist das gerade auch in punkto Form. Und Nadine Müller grinst: „Alles kein Problem.“ Ihr schwarzes Outfit wirkt jetzt, da sie lacht, gar nicht düster.