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Kein Tarifgehalt gezahlt Lebenshilfe Halle (Saale) wehrt sich gegen Vorwurf von Verdi

16.03.2017, 11:50
Am Böllberger Weg steht der Neubau der Lebenshilfe.
Am Böllberger Weg steht der Neubau der Lebenshilfe. Holger John

Halle (Saale) - Die Gewerkschaft Verdi greift den Verein Lebenshilfe in Halle scharf an. Der Vorwurf: Seit einem Jahr würden die Mitarbeiter des sozialen Trägers nicht nach Tarif bezahlt.

Der Lebenshilfe-Verein arbeitet mit behinderten Menschen und hat mehr als 100 Angestellte. Laut Verdi war der Träger im Oktober 2015 der Paritätischen Tarifgemeinschaft beigetreten. Allerdings habe es seitdem die fällige Lohnerhöhung nicht gegeben.

Diese Untätigkeit sei ein Skandal, kritisiert Gewerkschaftssekretärin Christine Stoffl in einer Mitteilung. Beschäftigte müssten finanzielle Einbußen von teilweise mehreren hundert Euro hinnehmen. Stoffl zufolge würden Angestellte deshalb gegen ihren Arbeitgeber klagen.

Lebenshilfe Halle schiebt dem Land die Schuld zu

Die Lebenshilfe setzt sich über ihre Anwaltskanzlei zur Wehr und fährt ihrerseits schwere Geschütze gegen die Gewerkschaft auf. „Dass seit einem Jahr kein Tarifgehalt gezahlt wird, ist richtig. Die Begründung durch Verdi ist aber als blanker Zynismus anzusehen“, erklärt Anwalt Horst Heyroth.

Seinen Aussagen zufolge liege das Problem in den zähen Verhandlungen mit der Sozialagentur des Landes. Mit der Behörde regeln die Träger die Kostenerstattung für ihre Arbeit. 2015 hatte die Sozialagentur eine Erhöhung der Entgelte in Aussicht gestellt, wenn die Träger Tariflohn zahlen. Der Lebenshilfe-Verein sei daraufhin dem Paritätischen beigetreten, bestätigt Heyroth.

Sozialagentur soll dem Verein Lebenshilfe Halle zufolge die Verhandlungen erschwert haben

Dem Anwalt zufolge wollte die Sozialagentur dann aber doch nicht ihre Zahlungen am Tarif ausrichten, sondern am Landesdurchschnitt. „Der Verein kann aber erst Geld verteilen, wenn es da ist. Mit der Sozialagentur wird noch immer um die tarifliche Vergütung gestritten“, so der Jurist. Als das Dilemma durchsickerte, kam Verdi ins Spiel.

Die Gewerkschaft habe zunächst unter den Angestellten Mitglieder geworben und anschließend Forderungen gestellt. So sollte die Lebenshilfe ihren Mitarbeitern schriftlich bestätigen, dass sie Anspruch auf eine Entlohnung nach einer bestimmten Entgeltgruppe haben.

Lebenshilfe Halle bezeichnet Verdis Anschuldigungen wiederum als Skandal

Der Verein lehnt das ab und bezeichnet Verdis Anschuldigungen als Skandal. Statt sich gemeinsam gegenüber der Landesbehörde für eine tarifgerechte Refinanzierung der Löhne einzusetzen, würden Tatsachen verdreht.

Verdi sieht weiterhin die Lebenshilfe in der Pflicht. Sekretärin Stoffl wirft dem Träger zudem vor, die Wochenarbeitszeit von bisher 39 auf 40 Stunden angeordnet zu haben.

Mit den anhängigen Klagen hätten sich die Angestellten zwar ihre Ansprüche gesichert, allerdings sei nicht mit einer schnellen Entscheidung durch das Arbeitsgericht zu rechnen. Stoffl fordert die Lebenshilfe auf, die Nachzahlungen für 2016 zu veranlassen. Angesichts der Querelen hätten einige Angestellte bereits das Unternehmen verlassen.

Der Lebenshilfe-Verein hatte nach eigenen Angaben 1992 die Behinderteneinrichtungen der Stadt in seine Trägerschaft übernommen. (mz)