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Laternenfest Halle Laternenfest 2016 in Halle: Walter Müller ist Historiker und sammelt Andenken vom Volksfest

Von Anja Herold 25.08.2016, 05:30
Walter Müller sammelt Laternenfest-Andenken.
Walter Müller sammelt Laternenfest-Andenken. Jens Schlueter

Halle (saale) - Dass das Laternenfest immer am letzten Augustwochenende eines Jahres stattfindet, ist kein Zufall. Der Vorgänger des Festes, der Blumenkorso, wurde seit 1912 noch im Juni veranstaltet, weil es da frische Blumen gab. Nach dem ersten Weltkrieg - und diversen Differenzen wegen der Verwendung künstlicher Flora - starb das Fest einen leisen Tod und wurde erst 1928 wiederbelebt.

Initiator war der Hallesche Wirtschafts- und Verkehrsverbund. „Die haben damals beim Wetterdienst Leipzig angerufen und gefragt, wann das Wetter am wahrscheinlichsten schön ist. So ist man zu dem Termin Ende August gekommen.“ Sagt Walter Müller, Historiker und, salopp formuliert, wandelndes Laternenfestlexikon. Und tatsächlich: „Mehr als 70 Mal war es schön, nur ganz selten nicht.“ Walter Müller weiß vermutlich alles, was es zum Laternenfest zu wissen gibt oder herauszukriegen war. Münzen sammelt er - schon immer, wie er sagt -, seit 1985 Hallensia, seit 14 Jahren Laternenfest-Memorabilia. Programme, Plakate, Souvenirs, Plaketten - und Fakten.

Feuerwerk, Bootskorso und Fischerstechen

In all den Jahren, sagt Müller, waren Feuerwerk, Bootskorso und Fischerstechen immer Bestandteil des Volksvergnügens. Obwohl: In den 70er Jahren hätten sich die Halloren geweigert, das Fischerstechen durchzuführen - die Saale war zu dreckig. Das Event wurde erst ins Salinebad verlagert, dann fiel es sogar mal ganz aus.
Im Gegensatz zum Bootskorso, der fand immer statt. „Bis zu 200 Boote haben teilgenommen zu DDR-Zeiten, schließlich wurden die Großbetriebe sogar dazu verpflichtet. Heute sind es vielleicht noch 30 Boote.“

Walter Müller bedauert das und sieht einen Grund dafür auch darin, dass es außer einem Händeschütteln keine Preise mehr gibt für die schönsten Schiffe. Die Belohnung sei zu DDR-Zeiten hoch gewesen, 500 Mark für den 1. Platz! „Ab 1951 gab es auch Souvenirs für die Teilnehmer. Vasen, Schalen, Dosen, Teller - alles aus Lettiner Porzellan. Außer 1961, da gab es einen Teller aus Torgauer Keramik.“

„Unserem Volk die Einheit - Der Welt den Frieden.“

Auf den Sonderanfertigungen standen immer die Jahreszahl sowie das Motto des Laternenfestes. Auf einer Dose von 1953 zum Beispiel ist zu lesen: „Unserem Volk die Einheit - Der Welt den Frieden.“ Die Einheit, die dann bald in so weite Ferne rücken sollte, war sogar 1955 noch Thema. „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“ - diese Fest-Losung hatte der hallesche Kanute Heinz Kramer aufgegriffen mit seinem geschmückten Boot und damit sogar den ersten Preis gewonnen.

„Fünf Jahre später wäre er dafür ins Gefängnis gekommen“. Politische Botschaften, sagt Walter Müller, hätten aber immer dazugehört. Zu DDR-Zeiten war der Kampf für den Frieden meistens dabei, klar.
1933 hingegen zeigte das Bildmotto des Festes ein aufgehendes Feuerwerk mit Hakenkreuz darin. Die dazugehörige Plakette wurde sogar mit daran befestigen Losen verkauft - allerdings wollte sie kaum ein Hallenser haben.

Vereinigung „Kraft durch Freude“

1935 übernahm die Vereinigung „Kraft durch Freude“ die Organisation; Walter Müller besitzt auch die Medaille aus dieser Zeit. 1938 übrigens, nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland, wurde „Von der Saale zur Donau“ das Motiv des Vergnügens. Und Walter Müller zeigt ein Foto: „1936 haben die Nazis hier sogar schon für den Krieg geprobt. Die Entlastungs-Pontonbrücke haben Magdeburger Pioniere gebaut, und auf der Burg Giebichenstein war ein Maschinengewehr stationiert, das den Saaleübergang sichern sollte.“
Zu den Traditionen zählt auch die Anfertigung einer Gedenk-Medaille, mit deren Bildnissen auf dem Laternenfest selbst Münzen geprägt werden können. Seit wenigen Jahren hat der Numismatische Verein Halle die Gestaltung und Herstellung der Silber-, Bimetall- oder Zinnmünzen übernommen, in diesem Jahr ist erstmalig das Entenrennen das Motiv. Auf der Vorderseite. „Die Rückseite ist aus finanziellen Gründen seit drei Jahren die gleiche. Da müssen wir uns nun auch mal was Neues einfallen lassen.“ Walter Müller gehört dem Verein an und wird am Wochenende, wie jedes Jahr, an dessen Stand an der Ochsenbrücke zu finden sein. Dort wird er wohl wieder sammeln - Erinnerungen und Andenken. (mz)