Landesmuseum Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle: Frischekur für das Mammut-Skelet
Halle (Saale) - Aua! Der „Philosoph“ kann gar nicht hinschauen. Denn schon allein beim Hinhören tun die harten Hammerschläge weh, die der Nachbarin des so tiefsinnigen dreinblickenden Stars des Landesmuseums zuteil werden. Aber was sein muss, muss sein! Unter den Augen des „Der Denker“ genannten Jung-Neandertalers wird die Mammut-Dame von Pfännerhall in ihre Einzelteile zerlegt.
Für diese gleichermaßen schwere wie schwierige Aufgabe - die Demontage von Halles größtem Vorzeit-Skelett - sind Montagmittag eigens zwei Experten von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität angereist. Und keiner darf ihnen helfen, denn sie sind die Experten vom Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie.
Pfännerhall-Mammut soll überarbeitet werden
Was sie hier wollen und tun sollen? Man kann das alles gar nicht anders bezeichnen, als dass sie eine Mammut-Aufgabe zu lösen haben - an jenem Mammut, das durch seine Herkunft aus dem Geiseltal nicht nur größtes Exponat sondern quasi wichtigster Lokalmatador im Haus der Urgeschichte ist. Und das, weil wohl weiblich, wichtigste auch Urbewohnerin des Gebiets des heutigen Saalekreis-Orts Braunsbedra war. Grund genug, diesem Mammut höchste Aufmerksamkeit zu widmen.
Und genau das wird nun in Jena geschehen. Ziemlich genau ein Jahr soll es dauern, bis das Mammut, wie es in der Sprache der Präparatoren heißt, „gründlich überarbeitet“ sein wird. Überarbeitet heißt hier, dass das Mammut quasi unters Messer kommt.
Wichtigster Grund dafür: Das Tier hat eine Halswirbel zu viel, nämlich acht statt der sieben, die es nach heutigem Forschungsstand haben müsste. Und in einem Jahr dann auch nur noch haben wird, denn das Skelett soll dem Braunsbedra-Mammut, das vor rund 220.000 Jahren in unserer Gegend unterwegs war, ja so genau wie möglich entsprechen. Zu rund zweit Dritteln bestehe es aus Fund-Material. Doch einiges habe auch ergänzt werden müssen, so vor allem Knochen aus dem Beckenbereich des riesigen Tieres, erläutert Julia Kruse vom Landesmuseum für Vorgeschichte
Haltungsfehler müssen dem Forschungsstand angeglichen werden
Und hinzu gekommen sei als Grund für die OP, die dem Mammut nun an der Uni Jena bevorsteht, dass das Skelett bisher doch etliche Haltungsfehler aufgewiesen habe. Haltungsfehler, die auch den Vorstellungen und dem Forschungsstand entsprochen hätten, wie sie vor 20 Jahren gültig waren, als das Großpräparat letztmals überarbeitet wurde.
Die Öffentlichkeit kennt dieses Mammut freilich erst seit 13 Jahren - seit der Raum, aus dem es nun zeitweise verschwindet, eröffnet worden ist.
Doch die Heimkehr hierhin ist ausgemachte Sache. Das ist die gute Nachricht für den 200.000 Jahre alten Denker, der bislang so effektvoll im Schatten des Mammuts platziert war. Dennoch, eine etwas andere Schau soll nun erarbeitet werden - „auf der Grundlage der Neuaufnahme der Knochen im Depot“. Daran mitwirken wird ein für das Museum und seine so besondere Ausstrahlung ganz wichtiger Mann, nämlich Karol Schauer. Von diesem Salzburger Künstler und Vorzeit-Experten stammen hier praktisch alle großen Wandbilder.
Videoinstallation soll Mammut ersetzen
Dank dem für Halles Museum so typischen Kompromiss zwischen der Darstellung des jeweils neuesten Forschungsstands und der Lust auf wissenschaftlich fundierte Fiktionen gewähren Schauers Inszenierungen einen so inspirierenden wie möglichen Einblick ins Kinderzimmer der Menschheit.
Bis das Mammut aus Jena zurück sein wird, müssen die Museumsbesucher nun freilich nicht ganz darauf verzichten. Eine Video-Installation soll es vorläufig ersetzen. (dpa)