Kunstschätze in Halle Kunstschätze in Halle: Ob Napoleon schon aus diesen Tassen trank?

Halle (Saale) - Angeblich sollen Napoleon Bonaparte und seine Josephine höchstpersönlich aus diesen Tassen getrunken haben. Ob das wohl stimmt? Helga und Udo Richter möchten mehr über das Porzellanservice herausfinden, das sich schon seit Generationen im Besitz ihrer Familie befindet. Deshalb kamen sie mitsamt ihren Erbstücken am Sonntag ins Talamt der Moritzburg. Dort begutachteten die Sammlungsleiter Wolfgang Büche und Ulf Dräger zusammen mit Gemälderestaurator Albrecht Pohlmann die Schätze der Besucher. Frei nach dem Motto: Kunst oder Krempel?
Was hat es nun mit dem Service der Richters auf sich? „Ich kann die Legende um Napoleon zumindest nicht widerlegen“, sagt Ulf Dräger, nachdem er die Tassen genauer unter die Lupe genommen hat. Tatsächlich sei die Gestaltung des Porzellans typisch französisch. Da sich aber keine Signatur finden lasse, sei es schwierig, das Service genau einzuordnen. Möglicherweise, so Dräger, sei das Service von einem Hausmaler nach den Wünschen der Käufer gestaltet worden. Seiner Meinung nach stammten die Stücke wohl aus dem 19. Jahrhundert, nicht wie ursprünglich angenommen aus dem 18. Jahrhundert.
Obacht auf die Goldränder geben
Dass Napoleon Bonaparte persönlich das Service benutzt haben soll, sei indes recht unwahrscheinlich. „Aber wer weiß? Schöne Stücke sind es allemal. Sie sollten es genießen, daraus Kaffee zu trinken“, so Dräger - und schob noch schmunzelnd einen Experten-Rat hinterher: „Und bloß nicht in den Geschirrspüler stellen. Das bekommt den Goldrändern nicht.“
Neben Porzellan wurden am Sonntag auch Ikonen, Schmuckkästchen und viele Gemälde begutachtet. Eckart und Hannelore Schilske beispielsweise brachten ein Originalbild von Ulrich Knispel mit. Knispel war ab 1948 Lehrer an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein und erhielt 1950 den Kunstpreis des Landes Sachsen-Anhalts.
Spur zu Lyonel Feininger
Das Ehepaar Schilske wollte wissen, ob es sich lohnen würde, das Bild zu restaurieren. „Das Hauptproblem hier ist die Feuchtigkeit. Man sieht schnell, dass das Bild sich wellt“, meinte Gemäldefachmann Albrecht Pohlmann dazu. „Aber das kriegt man wieder hin.“ Später zeigte Hannelore Schilske noch einen zweiten Familienschatz: Eine Anstecknadel aus Silber und Emaille, die zwei Theatermasken zeigt. „Sie stammt von einer Dame, die früher Haushälterin bei Lyonel Feininger war“, so Schilske. Das weckte großes Interesse im Saal. „Dieses Stück ist sehr schwierig einzuschätzen“, bekannte Wolfgang Büche. Es stamme wohl aus dem frühen 20. Jahrhundert und sei aufwendig gearbeitet. „Mehr lässt sich auf Anhieb nicht sagen.“
Herzstück statt Original
Bei vielen mitgebrachten Bildern stellte sich heraus, dass sie nicht von einem Profi, sondern einem Laien gemalt wurden. Aber auch wenn ein Kunstwerk nicht von einer berühmten Person stammt und sich daher auch nicht für besonders viel Geld verkaufen lässt - „wichtig ist, ob das Herz daran hängt. Darum sollte man auch solche Erbstücke pflegen“, betonte Büche. (mz)

