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Kostenfreie Sprachbegleiter in Halle Kostenfreie Sprachbegleiter in Halle: Bei Anruf Dolmetscher

Von Silvia Zöller 23.09.2015, 19:14
Tarek Ali
Tarek Ali Archiv/Kison Lizenz

Halle (Saale) - Immer mehr Menschen werden nicht nur in Syrien zur Flucht gezwungen: Derzeit leben nach Angaben der Stadt 2.000 Flüchtlinge in Halle, 1.200 weitere müssen bis zum Jahresende aufgenommen werden. Sie alle benötigen Hilfe - vor allem bei Behördengängen. Dazu gibt es in Halle ein neues, deutschlandweit einmaliges Projekt: Flüchtlinge können ehrenamtliche Sprachbegleiter per Anruf oder Mail kostenfrei anfordern.

Als Dolmetscher engagiert sich auch Tarek Ali, Vorsitzender der Ausländerbeirates in dem Projekt - doch auch er kommt wie viele der freiwilligen Flüchtlingshelfer mittlerweile an seine Kapazitätsgrenzen: „Das Handy klingelt dauernd, auch am Wochenende versuche ich Hilfe zu organisieren.“ Nein sagen, das kommt für den 39-Jährigen nicht in Frage. Rund 20 Stunden Zeit investiert er momentan in ehrenamtliche Aufgaben als Dolmetscher und Vermittler - neben seinem Beruf. Wie auch viele weitere Flüchtlingshelfer, betont Ali.

Doch um die Hilfe besser koordinieren zu können, hat der Ausländerbeirat schon vor Monaten vorgesorgt: mit der Gründung des Verbandes der Migrantenorganisationen Halle. Der Verein koordiniert seit Juni den Sprachbegleiterpool, über den Migranten per Anruf umgehend einen ehrenamtlichen Dolmetscher für Behördengänge zur Seite gestellt bekommt. Das Jobcenter zahlt eine kleine Aufwandsentschädigung von acht Euro pro Stunde an die derzeit 20 Dolmetscher. „Wir haben recherchiert, das ist in ganz Deutschland ein einmaliges Projekt“, so Ali. Das Projekt läuft: Rund 20 bis 30 Anfragen kommen täglich bei jedem Sprachbegleiter an.

Siebenköpfiger Ausländerbeirat

Anders als der siebenköpfige Ausländerbeirat, der von allen Migranten der Stadt gewählt wird und sich als politische Interessenvertretung versteht, hat der neue Verband der Migranten mehr Möglichkeiten. Als gemeinnütziger Verein kann er Projekte für eine bessere Integration auf die Beine stellen. „Wir wollen einen Zugang für Menschen schaffen“, erklärt Ali, der auch Vorsitzender des Verbandes ist. Verschiedene Förderanträge - etwa zu Patenschaften und einem Tanzprojekt - laufen bereits.

Aber auch zur Nacht der Migranten am 3. Oktober setzt der neue Verband auf noch engere Kontakte zu Flüchtlingen, die über die Sozialarbeiter in den Heimen und persönlich eingeladen worden sind - um mit Hallensern und Migrantenvereinen aus ihren Ländern in Kontakt zu kommen. Denn eines stellt Tarek Ali immer wieder fest - wer nach einer Flucht hier in Halle ankommt, will aktiv werden, etwas anpacken, mitmachen, lernen. Und dadurch auch die schrecklichen Erlebnisse der Flucht vergessen.

Die Koordinationsstelle für Flüchtlinge ist seit Mai dafür da, Hilfe und Hilfsangebote zueinander zu bringen. Freiwilligenagentur, der evangelische Kirchenkreis und die Stadt haben diese Einrichtung ins Leben gerufen.

Alle Infos unter: www.freiwilligen-agentur.de

Ein Stammtisch, an dem Helfer und Freiwillige zusammenkommen, hat sich auf Initiative des Betreibers der „Goldenen Rose“ gegründet. Jeden Montag um 18 Uhr treffen sich hier Interessierte.

Mehr Infos: www.facebook.com/GoldeneRoseHalle

Die Uni Halle ermöglicht Flüchtlingen ab dem kommenden Wintersemester, sich kostenfrei als Gasthörer einzuschreiben. Der Anstoß hierzu kam von der Hochschulgruppe SDS/Die Linke, die für diese Gasthörer betreuende Studenten finden will. (szö)

Umgekehrt will sich der Ausländerbeirat künftig aber auch noch intensiver mit den Fragen und Problemen der Flüchtlinge auseinandersetzen. Dafür wollen die Mitglieder die Heime besuchen und dort direkt mit Flüchtlingen sprechen. Trotzdem müsse noch viel getan werden, meint Ali: Derzeit bemühen sich Ehrenamtliche, eine zentrale Stelle für Sachspenden aufzubauen - noch fehlt es an einem Raum dafür. Weiter müssten auch Deutschkurse für mehr Flüchtlinge finanziert werden, nicht nur für diejenigen, die eine Aufenthaltserlaubnis haben. „Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration“, so Ali. (mz)