Ergänzend nicht konkurrierend Kliniken in Halle bündeln ihre Kräfte für ein gemeinsames Unfallversorgung-Zentrum
Die Uniklinik, das Bergmannstrost und die Uni Halle wollen ein gemeinsames Zentrum für die Unfallversorgung im Land aufbauen. Was es damit auf sich hat.
Halle (Saale) - In Halle sollen künftig die Kompetenzen in der Notfallversorgung an einem Standort gebündelt werden. Dafür will die Uniklinik (UKH) ihre Kooperation mit dem Unfallkrankenhaus Bergmannstrost und der Martin-Luther-Universität (MLU) ausbauen. Ziel sei es, ein überregionales Zentrum zu errichten, dass „das gesamte mitteldeutsche Gebiet mit einer Unfallversorgung ausstattet“, sagte UKH-Direktor Thomas Moesta am Freitag bei der Vorstellung des Projektes.
Kliniken arbeiten nicht konkurrierend, sondern ergänzend zusammen
Das UKH, das Klinikum Bergmannstrost und die MLU arbeiten schon seit Jahren eng zusammen. Das neue Kooperationsprojekt sei aber nicht nur eine konsequente Weiterführung dessen, sondern ein „Meilenstein“ und ein „Paradigmenwechsel“. Es handle sich um ein „Leuchtturmprojekt“, dass es so in Deutschland noch nicht gebe, sagt Reinhard Nieper, Geschäftsführer der BG Kliniken, zu denen auch das Bergmannstrost gehört. Völlig neu sei, dass zwei große Träger - wie das UKH und die BG-Kliniken - nicht an einem Standort konkurrieren, sondern ergänzend zusammenarbeiten.
Entstehen soll so ein verschränktes System mit Ärzten verschiedener Spezialisierung, die Patienten im Bereich der sogenannten „muskuloskelettalen Medizin“ an einem Standort versorgen. Das sind alle Beschwerden, die die Muskulatur und das Skelett, also den Bewegungsapparat betreffen. Insbesondere soll der Fokus auf Notfälle liegen. Das Kompetenzzentrum soll langfristig auch physisch sichtbar werden, nämlich in Form eines Anbaus am UKH-Standort, sagt Moesta. Zunächst befinde man sich aber noch ganz am Anfang des Projektes. Bis Ende dieses Jahres sollen die Verträge für die Kooperation unterschrieben sein.
Keine zusätzlichen Patientenbetten
Wie die Klinikleitungen betonen, gehe es dabei nicht primär um wirtschaftliche Interessen, sondern darum, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. „Spitzenmedizin kann nicht mehr an jedem Standort passieren“, sagt Nieper. Die Akteure müssten sich stattdessen zusammenschließen und nicht nur Personal und Leistungen austauschen, sondern auch gebündelt an einem Standort auftreten.
Positive wirtschaftliche Effekte gibt es dennoch: Je enger Partner zusammenarbeiten, desto mehr werden doppelte Strukturen überflüssig und können eingespart werden. So sei auch nicht geplant, für das neue Kompetenzzentrum zusätzliches Personal anzustellen. Auch werde es keine zusätzlichen Patientenbetten geben, sagte Bergmannstrost-Geschäftsführer Thomas Hagdorn.
Patientenversorgung kann direkt von den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren
Positive Effekte soll die Zusammenarbeit auch für den wissenschaftlichen Part, also die Uni haben. Aus Sicht der medizinischen Fakultät gehe es darum, Fortschritte in der Forschung auch in der Realität ankommen zu lassen, sagt Michael Gekle, Dekan der medizinischen Fakultät der MLU. Dafür brauche es aber auch die infrastrukturellen Möglichkeiten, beispielsweise in dem genügend Patienten für wissenschaftliche Studien bereitstehen. Das könne das Kompetenzzentrum leisten.
Andersherum könne auch die Patientenversorgung so direkt von den neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse profitieren. Schon jetzt sind die Kooperationspartner eng vernetzt. So hat seit Oktober 2020 ein leitender Arzt des Bergmannstrosts die fachliche Leitung der Abteilung Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am UKH übernommen. Seit 2017 ist außerdem ein Chirurgie-Chefarzt im Bergmannstrost gleichzeitig Professor am UKH. (mz)