Kindertagesstätten Kindertagesstätten: Halle hat die meisten männlichen Erzieher

HALLE/MZ - Mario Nitschke ist eine Seltenheit. Der 39-Jährige arbeitet in der Kindertagesstätte „Welt-Entdecker“ in Halle - und zwar als Erzieher. Schon seit sieben Jahren ist er beim Eigenbetrieb, dem städtischen Träger für Kindertagesstätten, tätig. Er gehört damit zu den 56 Männern, die es laut Sozialministerium unter den 1 586 Kita-Beschäftigten in Halle gibt. Mit einem Anteil von 3,53 Prozent ist die Saalestadt somit Spitzenreiter in Sachsen-Anhalt.
„Ich war der erste männliche Erzieher, der beim Eigenbetrieb angestellt wurde“, erinnert sich Nitschke. Das war 2006. Zuvor war er acht Jahre bei der Bundeswehr. „Dann musste ich mich entscheiden, ob ich so weitermache wie bisher oder noch einmal bei Null anfange“, erzählt der 39-jährige Vater eines Sohnes. Er entschied sich dafür, den Schritt ins Neuland zu wagen und ließ sich an der Bundeswehrfachschule Berlin zum Erzieher ausbilden. Ursprünglich wollte er mit Jugendlichen arbeiten, doch dann verschlug es ihn in die Kita Diemitz. „Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, obwohl ich anfangs schnell an meine Grenzen gestoßen bin“, so Nitschke. 2008 wechselte er in die Kita „Kleiner Rabe“, die später abgerissen wurde und wo an gleicher Stelle heute die Kita „Welt-Entdecker“ steht.
Für Kita-Leiterin Manuela Mehle war Nitschke der erste männliche Kollege in ihrem 22 „Mann“ starken Team und sie ist überzeugt: „Für die Kinder ist ein männlicher Erzieher wichtig, denn einige wachsen ohne Vater auf und auch die Eltern nehmen das positiv auf.“
„Man ist konkurrenzlos und das ist ein schönes Gefühl“, antwortet Nitschke auf die Frage, wie man sich in einem Beruf allein unter Frauen fühlt. Konkurrenzlos ist er jedoch nicht geblieben, denn seit 2011 hat er mit dem 39-jährigen René Düfeld einen männlichen Kollegen an seiner Seite. Die beiden verstanden sich auf Anhieb, nicht zuletzt aufgrund der ähnlichen Vergangenheit. Auch Düfeld war bei der Bundeswehr. Nach drei Kita-Praktika stand fest: „Das ist der Beruf, den ich ergreifen möchte.“ Natürlich habe er sich Gedanken vor seinem ersten Arbeitstag gemacht, „aber die Bedenken waren unbegründet“. Er wurde sofort akzeptiert, merkte allerdings auch, wie anstrengend der Beruf ist.
Bereut haben beide den Schritt in das Erzieher-Leben nicht, obwohl sie für ihre Berufswahl von Familie und Freunden anfänglich belächelt wurden. Schließlich handelt es sich nach wie vor um eine Frauendomäne. Die Leitung einer Gruppe liegt beispielsweise zu 97 Prozent in Frauenhand, so das Ergebnis einer Studie des Instituts für Hochschulforschung der Universität Halle. Zudem landen von den Männern, die eine frühpädagogische Ausbildung absolvieren - ungefähr 15 Prozent - lediglich drei Prozent in der Gruppenarbeit mit Kindern unter sechs Jahren.
Sowohl Manuela Mehle als auch Katrin Lademann, Leiterin des Betreuungsmanagements des Eigenbetriebes, der auch Träger der Kita „Welt-Entdecker“ ist, wünschen sich mehr männliche Erzieher. Doch sie wissen auch um die Vorurteile, mit denen diese zu kämpfen haben. „Es wird immer Eltern geben, die männliche Erzieher nicht in der Gruppe ihres Kindes haben wollen“, sagt Lademann. Manche Eltern würden Erzieher auf bestimmte Fähigkeiten reduzieren. So könnten sie zwar mit den Größeren Fußball spielen, aber die Kleinen wickeln? Das wollen einige Eltern nicht. Sie seien skeptisch und hätten ein Problem damit, wenn Männer mit kleinen Kindern arbeiten, so Mehle. „Doch mittlerweile akzeptieren die meisten Eltern männliche Erzieher und auch das Interesse der Männer am Erzieher-Beruf steigt.“
Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die Düfeld und Nitschke gemacht haben. Sie würden sich jederzeit wieder für diesen Beruf entscheiden. Warum? „Man steht täglich vor neuen Herausforderungen und es ist auch schön zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln“, sagt Mario Nitschke.