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T-Shirt mit Symbolkraft Kiez-Döner in Halle erfindet sich nach Anschlag neu

Der Imbiss, der einer der Schauplätze des Halle-Attentates war, erfindet sich neu. Betreiber und Unterstützern ist es wichtig, dass der Laden bleibt.

12.04.2021, 07:42
Cosima und Christian  neben Ismet Tekin: Die Soli-Shirts sind  fast ausverkauft. Die Aktion war ein Erfolg.
Cosima und Christian neben Ismet Tekin: Die Soli-Shirts sind fast ausverkauft. Die Aktion war ein Erfolg. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale) - In zwei bis drei Monaten soll das Tekiez eröffnen. Der türkische Name bedeutet: Wir sind alle eins. Oder auch: Wir sind einmalig. Und was in ein paar Monaten ein türkisches Frühstückscafé sein soll, „Mit einem Angebot an Speißen“, „das es in Sachsen-Anhalt noch nicht gibt“, wie Ismet Tekin sagt, kennen die Hallenser derzeit noch als Kiez-Döner. Der Umbau hat bereits begonnen. Im hinteren Teil des Dönerladens ist ein Raum komplett fertig, ein weiterer so gut wie, in einem dritten haben die Umbauarbeiten gerade begonnen. Vor dem Geschäft soll demnächst noch eine Terrasse entstehen. Einen Döner wird man auch künftig bekommen, sagt Ismet Tekin. Doch es ist kein Zufall, dass Umbau und neue Ausrichtung nun mit der Umbenennung einhergehen. Tekin sagt: „Es war wichtig, den Namen zu ändern.“

Am 9. Oktober 2019 war der Kiez-Döner einer der Schauplätze des Halle-Anschlags. Der rechtsextreme Attentäter Stephan B. erschoss in dem Döner-Laden den 20-jährigen Merseburger Kevin Schwarze. Ismet Tekin, der den Kiez-Döner zusammen mit seinem Bruder betreibt, sagt, es sei nicht einfach, jeden Tag dorthin zu kommen, wo sich „der schlimmste Schicksalsschlag meines Lebens“ ereignet habe. Er sagt aber auch: „Wichtig ist, den Laden zu behalten.“ Denn dieser Ort „ist wichtig für uns alle, ist wichtig für die Demokratie“. Tekin sieht seinen Laden als ein Symbol in der Auseinandersetzung „der Guten gegen die Bösen“, wie er es nennt. Dabei vor Ort zu bleiben und die Bösen nicht gewinnen zu lassen, „das ist wichtig für uns.“

Bildungswochen gegen Rassismus in Halle

Im Zuge der Bildungswochen gegen Rassismus in Halle fand Ende März der erste bundesdeutsche antirassistische Döner-Kongress statt, an dem sich der Kiez-Döner beteiligte. Es war eine Kunstaktion, zu der es auch Merchandise geben sollte. Das Ergebnis sind Soli-Shirts mit dem aufgedruckten Namen des neuen Cafés „Tekiez“ auf der Vorderseite. Auf der Rückseite steht: „Gegen jeden Rassismus und Antisemitismus!“ Auf Deutsch und Türkisch. Ein solches T-Shirt tragen auch Christian von der Anwohner/innen-Initiative Adam-Kuckhoff-Straße und Cosima von der Soli-Gruppe Kiez-Döner. Sie helfen Ismet Tekin, den Laden umzuwandeln und wollen ihre Nachnamen wegen ihres Engagements nicht öffentlich nennen. „Wir haben hundert Shirts gemacht“, sagt Christian. Mittlerweile seien nur noch einige wenige über die Homepage www.bildungswochen.de zu haben. Finanziell sei das Ganze ein voller Erfolg gewesen. „Die Leute waren wirklich sehr großzügig.“ Manche hätten sogar einen dreistelligen Betrag für das Shirt gespendet. Das Geld soll wiederum dem Umbau zugute kommen.

Christian sagt auch: „Ismet kennenzulernen, war wichtig für mich. Es war eine Bereicherung.“ Sein Wunsch ist, dass das Tekiez ein Ort der Begegnung wird. Cosima betont: „Der Laden wurde angegriffen, weil es ein Dönerladen war. Deshalb ist es natürlich wichtig, dass er erhalten bleibt und die Ideologie des Täters nicht siegt. Es braucht Solidarität.“