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Kanonenschüsse und Kirschbier

Von Peter Godazgar 23.04.2006, 18:44

Halle/MZ. - Mittelalterfeste gehören zwar nicht mehr unbedingt zu den Sensationen, aber: "Die Kulisse hier ist wirklich einmalig." Sagt Mittelalter-Fan Frank Schulz, der sich darum am Wochenende mit seiner Familie von Könnern aus auf den Weg nach Halle gemacht hat.

Auf der Burg Giebichenstein warteten "Ritter, Räuber und Kanonen", so das Motto des Spektakels. Handwerker und Krämer, Gastronomen und Halunken trieben sich im Burggraben und auf der Oberburg herum - insgesamt waren rund 50 Stände aufgebaut.

Tischlermeister Steffen Wittke hatte eine Wippdrehbank aufgestellt, Brunhilde vom Königsstein sagte den Besuchern die Zukunft voraus, es gab Knoblauchbrot und Kirschbier - und mancher wagte sich sogar in den Holzzuber des Badehauses.

Verschiedene Musiker und Bands sorgten für Stimmung. Besonders umjubelt war am Samstagabend die Berliner Mittelalter-Band "Dectera Lugh". Eine Feuershow beendete gegen 22 Uhr den ersten Tag des Spektakels. Dem regnerischen Wetter war indes wohl geschuldet, dass diesmal nur gut 4 000 Besucher gezählt werden konnten (gegenüber 6 000 im Vorjahr). "Es ist eben Aprilwetter", sagte Veranstalter Henri Bibow von der Torgauer Agentur "Sündenfrei".

Auf der Oberburg hatte sich diesmal ein Trupp von Landsknechten niedergelassen - nicht ganz mittelalter-typisch zwar, aber "wir wollten auch mal was anderes bieten", so Bibow. Der selbsternannte Feldmarschall von Arnim und seine Raufbolde ließen ein ums andere Mal die "Dicke Berta" losdonnern, eine alte Kanone, Kaliber 70 Millimeter.

Besonders beeindruckend: Schmied Sandro Dorst aus dem thüringischen Sonneberg, der inzwischen schon so was wie ein Star der Szene ist. Rund drei Tonnen Stahl schleppte er herbei und baute eine Schmiede auf, "wie sie hätte sein können" im Mittelalter. Im Schmieden, sagt er, "steckt unheimlich viel Weisheit. Das Eisen ist knallhart, das vergibt dir nichts." Dorst will kein Schmied-Schauspieler sein, er will die Zuschauer teilhaben lassen an seiner Arbeit - der schönsten Arbeit, die er sich vorstellen kann: "Ich werde mit dem Schmieden erst aufhören, wenn mir der Arm abfällt."