Johanna - verketzert und bejubelt
Halle/MZ. - Dieser eine Tag der umjubelten, aber auch verketzerten Befreierin Frankreichs dient Regisseur Freo Majer in seiner Inszenierung "Johanna auf dem Scheiterhaufen" als Ausgangspunkt, um in eindringlichen Szenen das Leben der später zur Heiligen erklärten Johanna zu rekapitulieren. Am Freitag hat das dramatische Oratorium von Arthur Honegger und Paul Claudel (Text) in der Regie von Freo Majer an einem symbolhaften Ort Premiere - in der halleschen Marktkirche.
Majer, Schüler unter anderem von Ruth Berghaus und Peter Konwitschny, will, einem assoziativen Bilderbogen gleich, das Schicksal der Heldin beleuchten. Dabei geht Majer nicht chronologisch vor - vielmehr werden in schlaglichtartigem Aufblitzen, wie Erinnerungsfetzen, bedeutende Wegmarken und Wendepunkte im Leben und Denken der Jeanne d'Arc erhellt. "Kurz vor ihrer Hinrichtung sieht die Heldin ihr Leben an sich vorbeiziehen - so sehe ich meine Inszenierung", so Freo Majer, der dem Publikum wenig Konkretes anbieten will. "Ich beantworte keine Fragen, ich lasse die grauen Flecken ihrer Legende offen", so der Regisseur. Stattdessen stellt er selbst eine Frage, nämlich die, woher Jeanne d'Arc ihre Leidenschaft bezieht, wo die Grenze liegt zwischen Passion und Fanatismus.
Den Zuschauer, der nach dem Willen von Majer nicht geschont werden wird und etliche Abgründe ertragen muss, erwartet kein religiöses Werk, keine Heiligengeschichte. Majer setzt seine Johanna (Isabel Hindersin) als einen Menschen in Szene, der sich, weil von Gott berufen fühlend, prüfen lassen muss. "Es ist ein Stück voller Zweifel, denn Johanna lebt manchmal im Wahn, alles zu können, und manches Mal verzweifelt sie." Dennoch - seine "Johanna auf dem Scheiterhaufen" endet nicht mit dem Tod. Majer geht darüber hinaus und lässt Johanna als Lichtgestalt strahlen an einem Ort, der selbst ein Ort mit eigener Geschichte ist. Wo sonst die Opernbühne sich als Raum negiert und gestaltet wird, verwebt Majers Inszenierung das Stück mit dem Kirchenraum samt Kanzel, Seitenschiff und Empore. Man darf gespannt sehr sein...
Premiere am Freitag, 21 Uhr, Marktkirche (ausverkauft). Weitere Vorstellungen Samstag und Sonntag, jeweils ab 21 Uhr (Restkarten).