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Interview mit Andreas Dresen Interview mit Andreas Drehen zum Kinostart von Timm Thaler: "Ich würde jederzeit wieder in Halle drehen"

Von Alexander Schultz 02.02.2017, 11:00
Harald Schmidt (Mitte) als Rennbahnsprecher mit Timm Thaler (Arved Friese) und Regisseur Andreas Dresen auf den Passendorfer Wiesen in Halle.
Harald Schmidt (Mitte) als Rennbahnsprecher mit Timm Thaler (Arved Friese) und Regisseur Andreas Dresen auf den Passendorfer Wiesen in Halle. Constantin Film Verleih GmbH/Gordon Mühle

Halle (Saale) - Am Donnerstag (2. Februar) startet der Film „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ in den Kinos. Regisseur Andreas Dresen (53 Jahre) hat den gleichnamigen Jugendroman von James Krüss als modernen Märchenfilm neu interpretiert. Neben Berlin und Brandenburg fanden große Teile der Dreharbeiten im Herbst 2015 vor allem in Halle statt. Alexander Schultz hat sich mit dem Regisseur, der mit seinen Filmen „Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“, „Wolke 9“ und „Als wir träumten“ zur ersten Garde deutscher Filmemacher zählt, unterhalten.

Timm Thaler wurde bereits schon einmal Ende der 70er Jahre als Fernsehserie gedreht. Warum haben Sie das Buch nun noch einmal verfilmt?
Dresen: Ich habe das Buch als Zehnjähriger in der DDR gelesen und war begeistert. Und obwohl ich damals noch nicht ahnen konnte, dass ich einmal Regisseur werde, dachte ich, das könnte ein schöner Film fürs Kino sein. Es ist einfach eine tolle Geschichte für Kinder.

Dass es dann irgendwann eine Serie gab, ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Da war ich wohl schon zu alt. Dennoch ist die Faszination für die Geschichte mir nie abhanden gekommen. Für unseren Kinofilm haben wir auch einen komplett anderen Ansatz als die Serie gewählt. Wir setzen auf eine märchenhafte Erzählung in der Optik der 1920er Jahre.

Sie gelten vor allem als Spezialist für Sozialdramen. Wie viel Sozialdrama steckt in diesem Film?
Dresen: Mehr als man vielleicht vermutet. Timm lebt in äußerst ärmlichen Verhältnissen und will raus aus seiner engen Gasse. Die funkelnde Welt übt eine große Faszination auf ihn aus. Menschen sind verführbar für Reichtum. Vor hundert Jahren genauso wie heute. Aber Geld alleine macht nicht glücklich. Auch das hat sich nicht geändert.

Der Film wurde zu großen Teilen in Halle gedreht. Wie sehr kannten Sie die Stadt vorher und warum haben Sie sich für diese Stadt entschieden?
Dresen: Ich hatte ja auch schon einige Szenen von „Als wir träumten“ in Halle gedreht. Das ist noch gar nicht so lange her. Sehr viele Orte in Sachsen-Anhalt sind mir aus meiner Kindheit sehr vertraut und ich fühle mich dort sehr wohl.

Einige meiner engsten Kollegen kommen auch von dort oder kennen sich in der Region sehr gut aus. Unser Produktionsleiter empfahl mir beispielsweise diese verschlafene kleine Straße im Zentrum von Halle, aus der wir dann die Gasse von Timm Thaler machten.

Welche Rolle Harald Schmidt im Film spielt.

Wie verliefen die Dreharbeiten in Halle und gab es besondere Erlebnisse für Sie und Ihr Drehteam in der Stadt?
Dresen: Es war eine sehr intensive Zeit in Halle. Vor allem auf der Pferderennbahn. Wenn ich morgens um 7 Uhr zum Drehort kam, waren die meisten Komparsen schon Stunden vorher in Kostüm und Maske gewesen. Und dennoch guter Laune. An einem Abend drehten wir ein großes Gewitter, welches auch das Finale im Film darstellt. Das war sehr aufregend und alle waren klitschnass.

Als ich mich bei allen bedankt habe, fingen die Komparsen ein rhythmisches Klatschen an und skandierten dazu: „Andi, Andi!“. Das hat mich wirklich berührt. Diese Leidenschaft und dieser Zusammenhalt.

Den Film haben Sie mit vielen bekannten deutschen Schauspielern gedreht. Wie war die Arbeit mit ihnen und über wen haben Sie sich am meisten gefreut?
Dresen: Alleine das Drehbuch war ja für mich schon wie ein Festessen. Es gab mir die Möglichkeit, mit vielen Vertrauten und Freunden zu drehen. Aber auch mit Schauspielern, die ich sehr verehre und mit denen ich schon immer mal gerne zusammenarbeiten wollte: Justus von Dohnany, Charly Hübner, Fritzi Haberlandt oder auch Bjarne Mädel beispielsweise. Insgesamt haben wir eine großartige Schauspielmannschaft zusammenbekommen.

Vor allem mit den Auftritten von Ex-Entertainer Harald Schmidt als Rennbahn-Sprecher und Sänger Heinz-Rudolf Kunze als Schulleiter haben Sie bei der Besetzung für Überraschungen gesorgt. Wie kamen Sie auf die beiden?
Dresen: Mit Harald Schmidt hatte ich ja schon einmal einen Film gemacht. Ich fand ihn geradezu prädestiniert für den skurrilen Rennbahnsprecher. Als ich ihn fragte, hat er sich total gefreut und zugesagt. Und Heinz-Rudolf Kunze hat ja mal Lehramt studiert und konnte somit hervorragend in unserem Film am Klavier eine Musikstunde geben.

Wie zufrieden waren Sie mit den halleschen Komparsen?
Dresen: Sie waren großartig, sehr engagiert und herzlich. Insgesamt haben rund 200 Menschen als Komparsen mitgespielt. Im Film sieht es aber aus, als wären es mehr als 1.000. Da haben wir mit digitaler Technik noch ein wenig nachgeholfen.

In Halle werden inzwischen viele Filme gedreht, aber auch geschnitten, vertont und produziert. Was macht eine Filmstadt aus und gehört Hallywood für Sie dazu?
Dresen: Vor allem muss in einer Stadt ein aufgeschlossenes Klima gegenüber Dreharbeiten herrschen. Immerhin kommen auf die Leute teilweise größere Behinderungen zu. Da muss mit Absperrungen und Störungen des Alltags gelebt werden. Halle habe ich als äußerst aufgeschlossen gegenüber unserer Filmcrew erlebt. Mit solchen Begrifflichkeiten wie „Hallywood“ kann ich aber weniger anfangen. „Görliwood“ gibt es ja auch schon.

Welche Filmprojekte stehen für Andreas Dresen als nächstes an?
Dresen: Erst einmal hoffe ich auf einen erfolgreichen Start von „Timm Thaler“. Ich bin gespannt, ob der Film angenommen wird. Ansonsten sind wir in der Planung für einen Spielfilm über den ostdeutschen Rockpoeten und Baggerfahrer Gerhard Gundermann. Wenn alles klappt, könnte es bereits im Herbst dieses Jahres Dreharbeiten geben.

Wann werden wir Sie wieder einmal in Halle erleben und können Sie sich vorstellen, auch mal wieder in Halle zu drehen?
Dresen: Ich bin am 16. Mai im Puschkino eingeladen. Da soll es ein Filmgespräch zu „Halbe Treppe“ geben. Da freue ich mich schon sehr auf das Wiedersehen mit alten Bekannten. Und klar, ich würde jederzeit wieder in Halle drehen.

Halle als Drehort: Hier wurde „Timm Thaler“ gefilmt.

Der Film

Im Herbst 2015 fanden neben Berlin und Brandenburg große Teile der Dreharbeiten zu „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ in der Filmstadt Halle statt.

Der Drehort

Hauptdrehort war dabei die zum großen Teil unsanierte Gasse Kühler Brunnen mit seinem Renaissancepalais unweit des Marktplatzes. Hier wurden sämtliche Türen und Fenster ausgetauscht und die Straße mit künstlichen Häuserfronten verlängert. Dabei erhielt der Ort den Charme eines Armenviertels der 1920er Jahre, in dem auch der Filmheld Timm Thaler lebt.

Die Innenaufnahmen

Für die Innenaufnahmen in der Wohnung und dem Treppenhaus der Familie diente ein anderes leerstehendes Wohnhaus in der halleschen Altstadt. Mehrere Schlüsselszenen des Films spielen zudem auf der Pferderennbahn der Passendorfer Wiesen. Hier ließ das Filmteam die Pferde über den 2,4 Kilometer langen Kurs galoppieren. Und auf der 1913 gebauten Haupttribüne feuerten mehr als 200 Statisten in historischen Kostümen gemeinsam mit den Schauspielern die Jockeys an.

Der Regisseur

Dem in Gera geborenen Regisseur Andreas Dresen standen hochkarätige Darsteller zur Verfügung. Der Titelheld wird vom 13-jährigen Arved Friese gespielt, der zuletzt bei „Der Nanny“ mit Matthias Schweighöfer vor der Kamera stand. Den Part von Thalers Gegenspieler, Baron Lefuet, übernahm Schauspieler Justus von Dohnany („Frau Müller muss weg“). Auch zwei bekannte Fernsehkommissare sind im neuen Dresen-Film dabei: die Schauspieler Charly Hübner (Polizeiruf 110 aus Rostock) als Kreschimir und Axel Prahl (Tatort Münster) als Behemoth.

(mz)

Regisseur Andreas Dresen bei Dreharbeiten in Halle mit Timm Thaler (Arved Friese) und seinem Filmvater (Bjarne Mädel).
Regisseur Andreas Dresen bei Dreharbeiten in Halle mit Timm Thaler (Arved Friese) und seinem Filmvater (Bjarne Mädel).
Constantin Film Verleih GmbH/Gordon Mühle
Timm Thaler mit seinem Vater auf der Pferderennbahn.
Timm Thaler mit seinem Vater auf der Pferderennbahn.
Constantin Film Verleih GmbH/Gordon Mühle
Dreharbeiten am Kühlen Brunnen
Dreharbeiten am Kühlen Brunnen
Constantin Film Verleih GmbH/Gordon Mühle