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Hospiz Halle Hospiz Halle: Hund hilft bei Sterbebegleitung

Von Julius Lukas 10.04.2015, 04:02
Die Menschen, die sie ehrenamtlich begleitet, nennt sie „ihre Könige“: Jutta Schöpe und ihre Hündin Xena bei einer Hospiz-Bewohnerin
Die Menschen, die sie ehrenamtlich begleitet, nennt sie „ihre Könige“: Jutta Schöpe und ihre Hündin Xena bei einer Hospiz-Bewohnerin Andreas Stedtler Lizenz

Halle (Saale) - Als Jutta Schöpe die Tür zu Gästezimmer 13 aufmacht, weiß Xena sofort, wo sie hin muss. Die Hündin läuft zum Bett, lässt sich von ihrem Frauchen hochheben und legt sich auf die Decke. Die Frau im Bett sagt nichts, beginnt aber sofort dem Cairn Terrier durch das dunkle Fell zu streicheln. Xena ist heute das erste Mal bei ihr. Der Kontakt ist gleich da.

„So läuft das oft“, sagt Jutta Schöpe. Die 64-Jährige ist ehrenamtliche Begleiterin im Hospiz am Elisabeth-Krankenhaus in Halle. Seit fast fünf Jahren betreut Schöpe schwer erkrankte Menschen, denen medizinisch nicht mehr geholfen werden kann. Xena begleitet sie dabei von Beginn an. Für Schöpe ist ihr Hund eine Art Eisbrecher: „Es gibt sehr verschlossene Gäste, die aber schnell auftauen, wenn sie dabei ist.“

Der katholische Pfarrer Heinrich Pera gilt als Begründer der Hospiz-Bewegung in der DDR. Ab 1975 arbeitete er als Krankenhausseelsorger in Halle. Zehn Jahre später brachte er die Hospizidee von einem Aufenthalt in England mit und begann einen ambulanten Dienst aufzubauen. Nach der Wende setzte er sich auch bundesweit für eine fachliche Sterbebegleitung unheilbar Kranker ein. 1996 wurde schließlich das stationäre Hospiz in Halle eingerichtet.

In diesen Jahr feiert das Hospiz in Halle damit seinen 30. Geburtstag. Dazu sind mehrere Veranstaltungen wie Vorträge, aber auch ein Tag der offenen Tür geplant. Pera, der 2004 gestorben ist, und seinen Mitstreitern ist es zu verdanken, dass sich auch bundesweit die Hospiz-Idee immer mehr durchsetzt. Um den Vorreiter in Sachen Hospiz zu ehren, wurde die Straße, in der das Hospiz Halle liegt, 2011 in Heinrich-Pera-Straße umbenannt.

Diesen Effekt sieht man auch in Zimmer 13. Die Frau hat Krebs im Endstadium und krault dem schwarz-grauen Terrier durch das Fell. Kurz lächelt sie. Xena liegt dabei ruhig im Bett. Sie bewegt sich kaum, ist zurückhaltend, nicht hektisch oder aufdringlich. Das liege zum einen an ihrem Alter, sagt Jutta Schöpe. Xena ist bereits elf Jahre alt, und als sie jünger war, sei sie viel wilder gewesen. Aber auch früher schon habe sie gewusst, wie sie sich im Hospizeinsatz verhalten muss. „Wahrscheinlich, weil sie es von zu Hause kannte“, sagt Jutta Schöpe.

Wunsch der Kranken im Mittelpunkt

Bevor die 64-Jährige ehrenamtliche Begleiterin wurde, hatte sie mehrere Todesfälle zu verkraften. Erst starb ihre Schwägerin an Brustkrebs, dann ihre Mutter. Schließlich pflegte sie ihren an Darmkrebs erkrankten Mann zwei Jahre lang. Geholfen habe der Hausfrau dabei auch ein Begleiter vom Hospizdienst. „Als ich dann alleine war, suchte ich nach einer sinnvollen Beschäftigung, die mich auch erfüllt.“

Schöpe ließ sich zur ehrenamtlichen Mitarbeiterin im Hospiz ausbilden. Ein Jahr dauert ihr Vorbereitungskurs, der aus Seminaren und Vorträgen bestand. Die Dozenten waren Ärzte und Seelsorger, Psychologen und Sozialpädagogen. „Wer in diesem Bereich arbeiten möchte, muss gut vorbereitet sein“, sagt Gerlinde Poldrack. Sie ist zusammen mit zwei Kollegen für die Ausbildung und Koordination der rund 85 Ehrenamtlichen im Hospiz Halle zuständig. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe, die jüngsten sind Mitte 20, die ältesten über 80 Jahre alt. Oft seien es Menschen, sagt Gerlinde Poldrack, die in ihrem Leben wie Frau Schöpe eine Zeit durchgemacht haben, in der ihnen geholfen wurde. „Das wollen sie dann zurückgeben.“

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf Seite 2.

Derzeit werden durch das Hospiz am Elisabeth Krankenhaus 30 Erwachsene und fünf Kinder betreut. Die meisten ambulant, im häuslichen Umfeld. Manche wollen aber auch einen stationären Aufenthalt. Das Hospiz darf man sich dabei nicht wie ein Krankenhaus vorstellen, sondern eher wie ein Hotel. Es stehen keine medizinische Apparate herum. Die Räume sind nicht steril und kühl, sondern gemütlich und warm eingerichtet. „Die Bewohner hier nennen wir Gäste“, sagt Gerlinde Poldrack. Wörter wie „Patienten“ oder „Kranke“ benutzen sie und ihre Kollegen nicht. Ganz im Gegenteil. Jutta Schöpe spricht sogar von „ihren Königen“, wenn sie über die Menschen redet, die sie begleitet. „Wenn wir mit ihrer Betreuung beginnen, dann haben sie die ganzen Anstrengungen und den Schmerz der medizinischen Behandlung hinter sich, dann geht es nur noch darum, was sie in den letzten Tagen ihres Lebens machen wollen.“

Der katholische Pfarrer Heinrich Pera gilt als Begründer der Hospiz-Bewegung in der DDR. Ab 1975 arbeitete er als Krankenhausseelsorger in Halle. Zehn Jahre später brachte er die Hospizidee von einem Aufenthalt in England mit und begann einen ambulanten Dienst aufzubauen. Nach der Wende setzte er sich auch bundesweit für eine fachliche Sterbebegleitung unheilbar Kranker ein. 1996 wurde schließlich das stationäre Hospiz in Halle eingerichtet.

In diesen Jahr feiert das Hospiz in Halle damit seinen 30. Geburtstag. Dazu sind mehrere Veranstaltungen wie Vorträge, aber auch ein Tag der offenen Tür geplant. Pera, der 2004 gestorben ist, und seinen Mitstreitern ist es zu verdanken, dass sich auch bundesweit die Hospiz-Idee immer mehr durchsetzt. Um den Vorreiter in Sachen Hospiz zu ehren, wurde die Straße, in der das Hospiz Halle liegt, 2011 in Heinrich-Pera-Straße umbenannt.

Im Hospiz ist man nicht, um von einer Krankheit geheilt zu werden, sondern um das Leid des Sterbens zu lindern. Dabei ist erlaubt, was hilft und angenehm ist. Jutta Schöpe hat schon Sektfrühstücke veranstaltet und einen Besuch im Kino organisiert. „Wenn jemand ein Bier trinken oder einen Döner essen will, dann ist das kein Problem“, sagt sie. Einmal war sie auch mit einer Frau im Händelhaus. „Dort haben wir uns ein Konzert angehört, es war wunderbar.“ Kurze Zeit später starb die Frau. Schöpe hielt ihre Hand, als sie einschlief.

Keine hygienischen Bedenken

Die Begegnungen seien oft so intensiv, sagt Schöpe. Man komme den Menschen, die man betreut sehr nah. Um eine Beziehung aufzubauen, bietet sie Hand- und Fußmassagen an, redet und scherzt gerne, hört vor allem aber zu. „Es sind sehr persönliche Gespräche, in denen es um das Leben und die Familie geht und eigentlich nie um die Krankheit“, sagt sie. Und wenn jemand nicht mehr in der Lage ist zu sprechen, liest sie ihm vor. Manchmal, sagt Schöpe, ist sie aber auch fast überflüssig. „Dann steht Xena voll im Vordergrund und ich trete etwas zurück.“

Vor allem zu Beginn einer Begleitung sei das so. Eine Erfahrung, die Gerlinde Poldrack immer wieder macht. „Insbesondere Hunde sind ein großer Kommunikationsfaktor“, sagt sie. Das sei auch einleuchtend, weil zu den Tieren viel schneller Nähe aufgebaut werden kann. „Man würde ja nie beim ersten Treffen einen Menschen gleich streicheln, bei Hunden macht man das schon.“

Hygienische Bedenken gab es bei Xena und anderen Tieren nie. Auch das unterscheidet das Hospiz vom Krankenhaus. „Das wäre ja auch Quatsch“, sagt Jutta Schöpe. Zum einen sei ihr Hund geimpft und gesund. Zum anderen: „Die Gäste sind bei uns, weil sie bald sterben werden. Warum sollte ein Hund für sie ein Tabu sein?“

Xena kommt bei den Hospiz-Bewohnern gut an. Und sie hat auch schon Nachahmer gefunden. Als Jutta Schöpe im Hospiz als Ehrenamtliche begann, war sei die Einzige mit Hund. Das habe sich inzwischen geändert, wie die 64-Jährige sagt: „Mittlerweile gibt es bei uns noch zwei andere Begleiter mit vier Pfoten.“