Hollywood-Krone für Hallenser Hollywood-Krone für Hallenser : So feiert Urs Rechn den Oscar für "Son of Saul"

Halle (Saale) - And the Winner is ...? Einer aus Halle! Unter anderem zwar, aber dafür zum allerersten Mal. Denn nie zuvor hat ein Kind der Saalestadt die höchste Auszeichnung der Filmwelt in den Händen gehalten. Bis gestern nicht! Es war hier nämlich schon Montag, als im Zuge der Auszeichnung für den besten ausländischen Film auch der Schauspieler Urs Rechn geehrt wurde: als einer von sieben Mitgliedern jener ungarischen Produktions-Crew, die das Auschwitz-Drama „Son of Saul“ (Originaltitel „Sau fia“) gedreht und damit Hollywoods Juroren in ihren Bann gezogen hatte.
„Wir haben nur rumgebrüllt, uns gegenseitig angeschrien, geheult und haben uns in den Armen gelegen“, sagte der 38-Jährige nach der Preisverleihung der Deutschen Presse-Agentur. Die MZ bekam den Schauspieler dann direkt nach der letzten Party, Montag, 4.30 Uhr Ortszeit, in seinem Hotel an die Strippe: „Vollkommen glücklich und völlig erledigt!“ Hinter ihm lag da bereits „diese ganze Nacht voller Jubel“ - und voll von wohl für immer unvergesslichen Eindrücken und Begegnungen.
Feiern mit Elton John und Leonardo DiCaprio
Zunächst waren Rechn und seine sechs Kollegen um Regisseur László Nemes bei einer der offiziellen Feiern in der Filmwelthauptstadt, bevor sie noch zwei private Partys besuchten: Zunächst in einem Hotel, wohin der Sänger Elton John eingeladen hatte, und schließlich auch noch in jene Villa, wo der nun für seine Hauptrolle in „The Revenant“ endlich doch noch gekürte Oscar-Gewinner Leonardo DiCaprio seine späte und so lange ersehnte Ehrung feierte.
Etwa zur gleichen Zeit flogen auch in der Türkei die Sektkorken in die Luft - in einem Ferienort in der Nähe von Izmir, wo Urs Rechns Vater, der bekannte Maler und seit langem in Cottbus lebende einstige Hallenser Günther Rechn die Preisverleihung im Fernsehen gesehen und überglücklich - aber natürlich auch überrascht - die Auszeichnung jenes Films miterlebte, der seinen Sohn nun schlagartig richtig berühmt machen dürfte.
Per Zufall im Film dabei
Dass der 38-jährige Urs Rechn überhaupt mit dabei war, verdankt er allerdings einem Zufall. Der Regisseur habe, nachdem er zuvor nicht weniger als 60 Schauspieler gecastet hatte, ein Video von ihm im Netz entdeckt, erzählt Rechn. Und da sei sich Nemes, der einen Deutschen für diese Rolle gesucht hatte, sicher gewesen, den Richtigen gefunden zu haben. Den Richtigen für die Figur eines jüdischen Oberkapos, der - so viel konnte und wollte Rechn schon mal verraten - als Häftling im Vernichtungslager heimlich fotografiert, um Beweise für das geschichtlich beispiellose Verbrechen zu sammeln. Und um die Bilder nach draußen zu schmuggeln und sie damit der Welt vor Augen führen zu können. Rechns Rolle, ein Kapo namens Biedermann in einer jüdischen Häftlingsgruppe, ist eine der drei tragenden Figuren des Films um den Häftling Saul, der in einem der in Auschwitz ermordeten Kinder seinen Sohn zu erkennen glaubt. Und der ihn zumindest auf würdige Weise beerdigen will.
Geboren und aufgewachsen in Halle
Urs Rechn ist in Halle nicht nur geboren, sondern auch aufgewachsen - und hat hier die damalige Spezialschule für Musik, eine Außenstelle und Vorstufe der Leipziger Musikhochschule, besucht. Aus dieser Zeit kennt ihn der hallesche Musiker und Lehrer am Musikzweig des Francke-Gymnasiums „Latina“, Christian Meinel, der bis heute mit ihm befreundet ist. „Sämtliche Schüler von damals sind eine eingeschworene Gemeinschaft, und viele haben die ganze Nacht mitgefiebert“, sagt der Musiker, der den Preis für Rechn auch für vollkommen gerechtfertigt hält - denn: „Urs ist ein geborener Schauspieler: überzeugend, emotional, präsent, rau, ein Aufschneider, ein Weichei, ein Kumpel und ein Zuhörer“, so kommt der Hallenser ins Schwärmen. „Er ist auf der Straße so wie im Film - einfach genial!“ Kein Wunder also, dass Urs Rechn dann den direkten Weg zur Schauspielerei suchte und fand: Nach ersten kleineren Rollen am Theater von Cottbus später - parallel zum Schauspielstudium - mit ersten Rollen am Staatsschauspiel in Dresden.
Seit 1997 steht der heute 38-Jährige auch für Film- und Fernsehproduktionen vor der Kamera. So wirkte er unter anderem in KrimiSerien wie „Tatort“ oder im „Polizeiruf 110“ und in dem Film „Wir waren Könige“ mit. Dennoch hält Urs Rechn auch weiterhin nach Halle Kontakt, wo er etwa mit Spielern des HFC und der Saale-Bulls und mit NT-Intendant Matthias Brenner befreundet ist, der vor seiner Zeit in Halle im Oscar-Film „Das Leben der Anderen“ mitgewirkt hatte. Rechns Oscar-Film „Son fo Saul“ kommt übrigens am 10. März in die deutschen Kinos. (mz)
