Historische Verbindung Historische Verbindung: Sitz des Vereins "Talstrasse" seit 70 Jahren ein Haus der Kunst

Halle (Saale) - Im Dezember sind die Menschen intensiv mit Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt. Da bleibt oft wenig Zeit, um sich Ausstellungen mit bildender Kunst anzusehen. So war auch die bisherige Erfahrung beim Kunstverein „Talstrasse“, der in der Talstraße 23 seine Kunsthalle betreibt und dort exklusive Präsentationen bietet. Doch in diesem Jahr sei es anders.
Über 70 Jahre Haus der Kunst: Renommierte Künstler wohnten in der Villa des Kunstverein „Talstrasse“
Der Verein zeigt gegenwärtig unter dem Motto „Das Frauenbild der 1920er Jahre. Zwischen Femme fatale und Broterwerb“ eine Schau mit Werken aus der Sammlung des Geschäftsmannes Frank Braband, eine der bedeutendsten Privatsammlungen der Klassischen Moderne in Deutschland. „Vor allem an den Adventswochenenden kamen viele Besucher“, freut sich Matthias Rataiczyk aus dem Vereinsvorstand.
Der Sitz des Kunstvereins „Talstrasse“ befindet sich in einer Villa, die bereits seit den Nachkriegsjahren eng mit der Kunst verbunden ist. Renommierte Künstler wie Herbert und Mareile Kitzel oder Heidi Manthey haben dort gewohnt. Seit 1952 wohnen Rosemarie und Werner Rataiczyk in der Villa.
Sohn Matthias ist dort aufgewachsen. Damals war das Gebäude ein Mietshaus mit mehreren Wohnungen. Es war allerdings eng, denn auch die Werkstätten waren hier untergebracht, eine Restaurierungs-, eine Druckwerkstatt und eine Weberei. Nach der Wende begann der Umbau des Gebäudes. Ab 1991 wartete der Kunstverein „Talstrasse“ mit eigenen Ausstellungen auf. 2013 wurde ein Neubau angebaut, ein Jahr später die Kunsthalle eröffnet.
Ausstellungen schwieriger als zuvor: „Man muss Kontext bieten"
Der Kunstverein beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem Ausstellungsjahr 2020, denn ehe eine Ausstellung eröffnet, braucht es viel Vorlaufzeit. Von der Idee über Kontakte, das Ausstellungskonzept bis hin zur Umsetzung ist viel Arbeit notwendig. „Das ist heute aufwendiger als früher. Die Ausstellungsarchitektur muss stimmen, man muss Kontext bieten und interessante Details über die Kunstwerke hinaus“, sagt Rataiczyk.
2020 zeigt das Kunstmuseum Moritzburg eine große Sonderausstellung mit Fotografien von Karl Lagerfeld, der nicht nur Modedesigner, sondern auch ein begnadeter Zeichner und Fotograf war. „Wir werden hier bei uns in der Talstraße zwei Ausstellungen haben, die im Bezug zu der Schau in der Moritzburg stehen“, erklärt Rataiczyk.
Neue Ausstellungen des Kunstvereins „Talstrasse"
Ab März wird die Kunsthalle sich den Fotografien von Guy Bourdin widmen, einem der ersten Fotografen, die in Werbe- und Modefotografien anstelle eines Produkts eine Erzählung zum Bildinhalt erhob. In seiner mehr als 50-jährigen Schaffenszeit hat Bourdin für fast alle führenden Modehäuser und -magazine gearbeitet. „Er hat auch mit Lagerfeld zusammengearbeitet. Beide haben sich nie ganz aus den Augen verloren“, so Rataiczyk.
Im Anschluss an diese Ausstellung sollen ab Juli dann Werke von Günter Rössler zu sehen sein. Der ist Kunstfreunden als Aktfotograf bekannt, arbeitete von 1954 bis 1990 überwiegend für DDR-Modemagazine wie „Modische Maschen“ und „Sybille“ sowie die Monatszeitschrift „Das Magazin“. Diese Präsenz seiner Arbeiten hätten ihn in der DDR zu einem der bekanntesten Fotografen gemacht. Als 1984 der Playboy unter dem Titel „Mädchen der DDR“ einen zehnseitigen Beitrag mit Fotos von Rössler veröffentlichte, wurde er auch in der BRD bekannt. (mz)