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Himmelsscheibe von Nebra Himmelsscheibe von Nebra: Goldenes Rätsel ist endlich gelöst

Von Dirk Skrzypczak 24.05.2017, 05:00
Harald Meller in der Alchemie-Ausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte. Das Haus, sagt er, spiele in der ersten Liga der deutschen Museen.
Harald Meller in der Alchemie-Ausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte. Das Haus, sagt er, spiele in der ersten Liga der deutschen Museen. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Seit 15 Jahren gehört die Himmelsscheibe zu den wertvollsten Stücken im Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Und seitdem beflügelt die Bronzeplatte, geschätzt zwischen 3.700 und 4.000 Jahre alt, die Fantasie und den Forscherdrang der Wissenschaft. Nun wurde ein weiteres wichtiges Rätsel der Scheibe gelöst. Das Gold auf dem Artefakt stammt zweifelsfrei aus Südengland, aus der Grafschaft Cornwall.

„Wir haben quasi jeden Fluss in Europa mit Hilfe von Bodenkundlern untersucht, jeden Stein dort umgedreht. Nun haben wir endlich Gewissheit“, sagt Landesarchäologe Harald Meller. Und er betont, wie wichtig diese Erkenntnis ist: „Entscheidend für die Wissenschaft ist die Forschung. Wenn wir den Menschen etwas über ihre Geschichte erzählen, muss der Wahrheitsgehalt so hoch wie möglich sein.“

Die Fürsten der Himmelscheibe hatten Handelsbeziehungen mit der Insel

Die Fürsten der Himmelscheibe, die im mitteldeutschen Raum ab etwa 2.000 vor Christus herrschten, hatten möglicherweise also rege Handelsbeziehungen mit den Siedlern auf der Insel. Das Gold wurde Meller zufolge in zwei Phasen auf die Himmelsscheibe aufgebracht. Die 32 Sterne mit Sonne und Mond vermutlich 1.800 bis 1.750 vor Christus, die Horizontbögen zwischen 1.750 bis 1.700 vor Beginn der Zeitrechnung. „Wir werden uns nun intensiver mit den Fürsten in Südengland und ihren Gräbern beschäftigen, um zu erfahren, in welcher Beziehung sie zu unserer Region standen.“

Vermutlich fließen diese Erkenntnisse in einer große Sonderausstellung ein, die das Landesmuseum in fünf Jahren zur Himmelsscheibe plant, dann liegt der Fund auf dem Mittelberg bei Ziegelroda 20 Jahre zurück. Zuvor arbeiten Meller und sein Team an anderen Projekten. Die Ausstellung zur Alchemie läuft noch bis zum 4. Juni und wurde bislang von 40.000 Gästen besucht. „Ich bin mit der Resonanz sehr zufrieden, schließlich ist es nur eine kleine Schau“, sagt Meller.

Durchschnittlich lösen pro Jahr über 100.000 Neugierige ein Ticket für das Landesmuseum

Durchschnittlich lösen pro Jahr über 100.000 Neugierige ein Ticket für das Landesmuseum, bei großen Ausstellungen wie Pompeji sind es 250.000 im Jahr. „Damit spielen wir in der ersten Liga aller deutschen Museen. Nur knapp über drei Prozent der Häuser kommen pro Jahr auf über 50.000 Besucher“, erzählt Meller. 2001 waren es im Landesmuseum nur 14.000 Gäste. Das Konzept der vergangenen Jahre, Geschichte als interaktives Erlebnis zu präsentieren, trägt Früchte.

Und so soll es auch bei der Sonderausstellung „Klimagewalten“ sein, die im November dieses Jahr startet und bis Pfingsten 2018 zu sehen sein wird. „Dann wagen wir uns an ein einmaliges Projekt, weil wir uns thematisch mit einem Zeitraum von 50 Millionen Jahren befassen. Wir zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Leben der Menschen und Tiere hatte“, so Meller.

Bis vor 200.000 Jahren existierten noch die Säbelzahntiger

Unter anderem wird es eine Installation mit einem Mammut geben, das von Raubkatzen angriffen wird. Noch vor 500.000 Jahren streiften Riesenhyänen durch das hiesige Gebiet, „die waren so groß ein Kleinbus“. Bis vor 200.000 Jahren existierten noch die Säbelzahntiger. Viele Erkenntnisse verdanken die Forscher den Kohleböden im Geiseltal. „In dem weichen Material wurden viele gut erhaltene Funde entdeckt“, sagt Meller. Ohnehin seien es die hochwertigen Böden gewesen, die die Menschen seit Urzeiten in die Region zogen.

Was Meller neben der Alltagsarbeit umtreibt, sind viele Ideen, wie Sachsen-Anhalt und ganz speziell Halle im Bewusstsein der Menschen aufgewertet werden können. „Dresden ist betrunken von sich selbst. Dort herrscht ein Stolz auf die Stadt, den es auch in Halle geben müsste.“ Meller, gebürtiger Münchener, nennt Halle die Stadt der verborgenen Schätze. „Die Stadt ist wunderschön, vor allem mit ihrer mittelalterlichen Struktur. Ich kann gar nicht verstehen, warum die Menschen wegwollen.“

Ziel, Halle als Museumsstadt zu etablieren

Es sei sein Ziel, Halle als Museumsstadt zu etablieren. Dafür müsste aber beispielsweise der hochkarätige naturkundliche Fundus aus den Speichern der Universität öffentlich zugänglich gemacht werden. „Das ehemalige physikalische Institut am Friedemann-Bach-Platz bietet sich dafür an“, sagt Meller. Es ist eine alte Debatte, nie neu auffrischt. (mz)