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Heimliche Hallenser Heimliche Hallenser: Martin Luther und der Anlass zur Reformation

Von Detlef Färber 03.09.2019, 16:00
Martin Luther, gemalt von Lucas Cranach dem Älteren im Jahr 1529
Martin Luther, gemalt von Lucas Cranach dem Älteren im Jahr 1529 Dpa-TMN

Halle (Saale) - Es war, als hätte die Saale ihn an dieser Reise hindern wollen, die ja dann seine letzte werden sollte. Denn der Fluss war hinter Halle weit über seine Ufer getreten, und Eisschollen trieben auf den Wellen an jenem 25. Januar des Jahres 1546.

„Ich hätte nicht gemeint, dass die Saale ein solches Bad machen kann“, schrieb Martin Luther deshalb an seine Frau Käthe, als er seine Reise nach Eisleben vorerst unterbrach und frühmorgens, 9 Uhr, schon nach Halle zurück kam - in jene Stadt, die zwar nicht offiziell Lutherstadt heißt, aber in der Geschichte des Reformators wie in der Reformationsgeschichte ein Dreh- und Angelpunkt ist.

Luthers Sarg am 20. Februar 1546 über Nacht in der Sakristei der Marktkirche aufgebahrt

Drei Tage später wagte Luther dann aber doch die gefährliche Überfahrt und gelangte sicher in seine Geburtsstadt Eisleben, wohin er reiste, weil es dort einen Streit zu schlichten galt - wo er aber drei Wochen später starb.

Der Rücktransport des Leichnams, Luthers wirklich letzte Reise also, führte auf dem Weg nach Wittenberg abermals über Halle, wo sein Sarg am 20. Februar 1546 über Nacht in der Sakristei der Marktkirche aufgebahrt war. Diesem Umstand verdankt Halle womöglich einen Besitz, der als Reliquie verehrt werden müsste, wäre die Wirkung von Luthers Reformation nicht auch auf das Ende des Reliquienwesens für den dann nicht mehr katholischen Teil der Christenheit hinausgelaufen.

Luthers Totenmaske, seit nunmehr 13 Jahren in einem Raum im Erdgeschoss der Blauen Türme

Die Rede ist hier von Luthers Totenmaske, die seit nunmehr 13 Jahren in einem Raum im Erdgeschoss der Blauen Türme eingangs der Marktkirche präsentiert wird: Als Wachs- sowie als (später entstandene) Gipsmaske, wobei zur Wachsmaske zu sagen ist, dass sie der hallesche Maler Lukas Furtenagel dem Verstorbenen noch auf dem Totenbett in Eisleben abgenommen hatte.

Auch die kunstvoll geschnitzte Renaissance-Kanzel, von der laut Überlieferung Martin Luther seine drei Predigten in der Marktkirche gehalten hat, ist im Raum mit der Totenmaske zu sehen. Die Errichtung der Marktkirche - als gewaltigen Hallenbau zwischen der zuvor abgerissenen Gertruden- und der Marienkirche - hatte übrigens Luthers großer Gegenspieler, der just in Halle residierende Erzbischof von Magdeburg und Mainz, Kardinal Albrecht, 1529 begonnen.

Auch einige der Triumphe Luthers haben mit Halle zu tun

Jener Albrecht, der Auftraggeber des Ablasshandels war, bei dem ein Prediger namens Johann Tetzel von sich reden machte - mit einer besonderen Zuspitzung, dem Verkauf von „Seelenablässen“ auf die Sünden verstorbener Vorfahren: Dies war dann der Auslöser von Martin Luthers Wittenberger Thesenanschlag 1517: Der wiederum war Auslöser der Reformation und Kirchenspaltung, die ihrerseits - zusammen mit der Entdeckung Amerikas und der Erfindung der Buchdruckerkunst - als Impulsereignis ausgangs des Mittelalters und eingangs der Neuzeit gilt.

Auch einige der Triumphe Luthers haben mit Halle zu tun, wo Luthers Freund und Mitstreiter Justus Jonas 14 Jahre nach Baubeginn der Marktkirche (und 13 Jahre vor ihrer Vollendung) die erste evangelische Predigt hielt und hier bald erster Superintendent und erster Bischof unter dem neuen Bekenntnis wurde: Als Luthers Mann in Halle! (mz)

Luthers Totenmaske ist in Halle in der Marktkirche zu besichtigen.
Luthers Totenmaske ist in Halle in der Marktkirche zu besichtigen.
Dpa