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Heimliche Hallenser Heimliche Hallenser: Ludwig der Springer war Halles berühmtester Strafgefangener

Von Detlef Färber 24.09.2019, 11:30
Ludwig der Springer als eine der Stifterfiguren im Naumburger Dom
Ludwig der Springer als eine der Stifterfiguren im Naumburger Dom Biel

Halle (Saale) - Er war der im Nachhinein berühmteste, wenn nicht einzig namhafte unter Halles frühen Gästen. Und zum Namhaften kommt erschwerend hinzu, dass er seinen Namen sogar Halle verdankt - jedenfalls dem Gebiet, das wir heute Halle nennen. Das Dumme an dieser potenziell ehrenvollen Geschichte ist nur, dass der Mann nicht ganz freiwillig kam. Ja schlimmer noch, dass es mit seinen Gastgebern nicht mal abgesprochen war, dass er sich dann plötzlich, ohne Verabschiedung wieder entfernte: Das war nicht die feine Art, Herr Graf!

Dieser „Graf in Thüringen“, inzwischen längst nur „Ludwig der Springer“ genannt, ist von den Großen der halleschen Stadtgeschichte jener, der beim genaueren Hinschauen am meisten im Nebel des Sagenhaften verschwindet. Weil er ja wie gesagt offenbar auch ansonsten das Verschwinden liebte. Ludwig der Springer (1042-1123) - jetzt muss es raus - war nicht nur Halles frühester Promi-Gast, er war auch „Gast“ im hiesigen Knast.

Ludwig soll den Pfalzgrafen Friedrich, III. im Jahr 1085 erstochen haben

Warum? Darüber gehen die Ansichten genauso auseinander wie darüber, ob die Geschichte im Ganzen und im Detail überhaupt stimmen kann. Glaubt man einer uralten „Düringischen Chronik“, dann war der Graf „um fremder Liebe willen in große Not geraten“ - sprich also in den Kerker, der sich im seinerzeit noch völlig unversehrt gewesenen Gemäuer der Burg Giebichenstein befunden hatte.

Doch neben der Variante einer schuldhaft-tragischen „Minne“ als Haftgrund steht noch ein weit ernsterer Vorwurf, der in heutigen Worten nur „Mord“ oder Totschlag lauten könnte. Beim Versuch, Ländereien in unserer Gegend westlich der Saale an sich zu bringen, soll Ludwig den Pfalzgrafen Friedrich, III. im Jahr 1085 erstochen haben - ein Verbrechen, für das allerdings noch weitere vermeintliche Täternamen im Umlauf sind.

Ludwig der Springer: „Mich hält hier nichts mehr!“

Doch spitzte sich - um bei der Variante mit Ludwig zu bleiben - für den Thüringer die Lage auf dem Giebichenstein noch weiter zu, denn, so heißt es: Nach dreijähriger Gefangenschaft habe ihm sogar die Hinrichtung gedroht. Spätesten da muss dem Thüringer wohl eines klar gewesen sein: „Mich hält hier nichts mehr!“ Nichts, das hieß konkret, kein Gemäuer und auch kein noch so hoher Felsen samt Saale-Gewässer, das darunter vorbei floss.

Ja, im Verlauf seiner Inhaftierung wuchs in diesem Ritter der Freiheitsdrang immer weiter an. Und dieser Freiheitsdrang muss ihm wohl sogar so etwas wie Flügel verliehen haben - denn sonst klänge das, was dann, wie es heißt, geschah, vielleicht noch etwas weniger plausibel als ohnehin schon.

Mit einem tollkühnen Sprung soll sich der kraftstrotzende Thüringer in die Saale gerettet haben

Mit einem tollkühnen Sprung soll sich der kraftstrotzende Thüringer in die Saale gerettet haben. Er sprang wohl vom Burgturm in die Saale, wo ein Diener mit seinem Lieblingspferd gewartet habe, mit dem Ludwig dann wohl von dannen ritt. Dass der Springer dabei nicht nur tief nach unten, sondern auch weit nach vorn gesprungen sein muss, darüber darf sich der Kenner des Saale-Ufers immerhin wundern.

Spuren hinterlassen hat Ludwig dann allerdings anderswo: So beim Bau einer Kirche in Sangerhausen, einer Burg bei Friedrichroda und - zumindest von der Idee her - der deutschen Burg schlechthin: bei Eisenach. Deren Standort hat er definiert mit dem Ausruf „Wart’ Berg, du sollst mir eine Burg tragen!“

Für eine Spur von Ludwig im hiesigen Stadtbild müsste Halle dagegen selbst sorgen

Für eine Spur von Ludwig im hiesigen Stadtbild müsste Halle dagegen selbst sorgen. Die Chance, die der Stadt diese sagenhafte Springer-Legende bietet, würde anderswo wohl kaum ungenutzt bleiben. Eine schwebende Plastik hoch über der Saale oder ein

alle Jahre stattfindendes Event namens „Ludwig-der-Springer-Springen“ - kühn hinein in den wieder badetauglichen Fluss: An Ideen sollte es nicht fehlen! (mz)