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Heidelauf Halle Heidelauf Halle: Volle Kraft voraus

Von Ralf Böhme 08.11.2013, 19:50
Unterwegs bei jedem Wetter. Auch mit Dehnungsübungen macht sich der passionierte Waldläufer fit für die Runden um den Heidesee.
Unterwegs bei jedem Wetter. Auch mit Dehnungsübungen macht sich der passionierte Waldläufer fit für die Runden um den Heidesee. Andreas Stedtler Lizenz

Halle/Teutschenthal/MZ - Frank Fahr, von Beruf Apotheker, ist selbst sein schlechtester Kunde. Der 69-Jährige braucht keine Pillen und Pülverchen, um fit zu sein. Das Rezept, auf das er seit langem schwört, lautet ganz schlicht und einfach: Heidelauf.

Das ist in zweierlei Hinsicht wörtlich zu nehmen. Zum einen sieht man den Hallenser täglich im Stadtwald, der Dölauer Heide, als Jogger ausdauernd große Runden drehen. Das ist Spaß gratis. Zum anderen lässt der drahtige Mann kaum einen der traditionellen Volksläufe in Halle aus. Am Sonntag um 10 Uhr fällt der Startschuss zum 200. Heidelauf, der ältesten und größten Veranstaltung dieser Art im südlichen Sachsen-Anhalt. In diesem Fall beträgt die „Rezept“- beziehungsweise Startgebühr für Erwachsene fünf Euro, Kinder 1,50 und Jugendliche 2,50 Euro.

Es gibt kein schlechtes Wetter

Frühsport, aber eisern! Ehe Fahr seiner Apotheke im Saalekreis-Ort Teutschenthal zustrebt, zieht es ihn erst einmal auf schmale Waldwege. Täglich, da kann es auch regnen oder schneien. Mit Mütze, Halstuch, wärmender Jacke und Hose ausgestattet, schrecken ihn auch zehn Grad unter Null nicht. „Für den echten Heideläufer gibt es einfach kein schlechtes Wetter.“

Dass diese Auffassung immer größeren Anklang findet, darauf hoffen natürlich die Organisatoren der schon in den achtziger Jahren ins Leben gerufenen Heidelaufserie. Dann kann nämlich wieder einmal die magische Zahl vom mehr als 500 Teilnehmern erreicht werden. Fahr ist gespannt, ob es damit klappt. Meistens kommen so zwischen 450 und 480 Freizeitsportler. „Aber gerade beim Jubiläumslauf wäre ein Zuwachs eine tolle Sache, auch für den SV Halle als Gastgeber“, so Fahr.

Der Heideläufer, der vor allem zur Entspannung läuft, macht kein Hehl daraus: Im Kreise von Gleichgesinnten geht es ihm dann auch um eine möglichst gute Zeit. Dass man mit knapp 70 Jahren nicht mehr an der Spitze, sondern eher hinten unterwegs ist, sieht er dabei nicht als Nachteil. Sein Motto: „Verlieren kann nur, wer gar nicht an den Start geht.“

Wie schnell Fahr unterwegs ist, hängt nach seiner langjährigen Erfahrung von der Tagesform ab. Manchmal falle es leichter, manchmal schwerer. Wenn er laufe, dann nicht, um sich zu schonen. Jetzt mit 69 erscheint ihm die Fünf-Kilometer-Strecke zu kurz. So nimmt der rennende Apotheker sich meist die doppelte Distanz vor. Sein Limit für zehn Kilometer: „Nach einer knappen Stunde möchte ich schon am Ziel ankommen.“ Ob diese Zeit ihm den 80. oder 90. Platz auf der Ergebnisliste einbringe, sei letztlich nicht wichtig. Auch und gerade die Letzten, die das Ziel erreichen, dürfen sich über reichlich Applaus freuen.

Wasserflaschen und Schüsseln mit Obst stehen bereit

Völlig zu Recht, wie der gebürtige Leipziger meint, sei doch selbst der Langsamste immer noch Sieger über die eigene Bequemlichkeit und damit vielen voraus. Was Fahr und Co. am Heidelauf reizt, ist der Kurs. Kurz gesagt, führt die Strecke zwei Mal um den Heidesee. Doch das ist nicht einmal die halbe Wahrheit. So schön die Ausblicke auf das Gewässer auch sind, an den Steigungen im Wald bleibt ungeübten Akteuren glatt die Luft weg. Wer es nicht gewöhnt ist, merkt nach wenigen Schritten die Spannung in den Waden. Wie es um die eigene Fitness bestellt ist, kann jeder testen. Die Heidelauf-Strecke, die am Heidebad beginnt und zunächst um den Heidesee führt, ist seit kurzem ganzjährig ausgewiesen. „Läuferweg“ steht auf den Schildern. Kreidepfeile - zuständig für die Markierung ist Lauf-Urgestein Klaus Tondera - bieten zusätzlich Orientierung.

Mit Events wie den großen Marathon-Treffen kann sich der Heidelauf nicht messen, aber das muss kein Nachteil sein. Die Zeitmessung beispielsweise erfolgt längst nicht mehr mit der Stoppuhr, wie anderenorts immer noch üblich. Am Ziel nehmen freiwillige Helfer die Läufer in Empfang. Wasserflaschen und Schüsseln mit Obst stehen bereit. Ohne großen Zeitverzug erhalten sie ihre Teilnahmeurkunden. Nahezu bei jedem Lauf darf Sprecher Jörg Lehmann eine andere lustige Überraschung ankündigen. So marschiert zuweilen eine Schützengilde auf, um den Startschuss mit der Kanone zu geben. Oder in der fünften Jahreszeit sorgen dann Karnevalisten für gute Stimmung an Start und Ziel.

So unterhaltsam und spannend ein Heidelauf auch sein kann, das Beispiel überzeugt nicht alle. Fahrs fünf Mitarbeiter in der Apotheke staunen zwar über den Einsatz ihres Chefs, aber folgen ihm dennoch nicht. Eines aber weiß der Apotheker genau: Spätestens wenn es anfängt zu zwicken, müsse jeder mal darüber nachdenken. „Ist der Lehnstuhl die Lösung?“ Nicht umsonst heißt es im Volksmund: Wer rastet, der rostet. Dieser Gefahr ist Fahr längst entronnen. Inzwischen wagt sich der Hallenser einmal im Jahr an die 42 Kilometer lange Marathon-Strecke heran - beispielsweise im Spreewald, aber auch schon in New York.

Laufen ohne Ende

Ein Ende der Lauf-Saison kennt er nicht. „Ich freue mich schon jetzt auf den verschneiten Wald.“ Dass Fahr sich in Trab setzt, das scheinen mittlerweile sogar die Wildtiere zu wissen. Ihnen begegnet der Heideläufer oft auf seinen fünf bis 15 Kilometer langen Trainingstouren. „Rehe laufen sogar ein Stück mit, Wildschweine schauen und verziehen sich.“ So etwas wolle er noch lange genießen. Wenngleich Halles Marathon-Legende Waldemar Cierpinski wohl recht habe: „Die Schritte aus dem Haus sind immer die schwersten.“

Unterwegs bei jedem Wetter. Auch mit Dehnungsübungen macht sich der passionierte Waldläufer fit für die Runden um den Heidesee.
Unterwegs bei jedem Wetter. Auch mit Dehnungsübungen macht sich der passionierte Waldläufer fit für die Runden um den Heidesee.
Andreas Stedtler Lizenz