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Havag-Projekt Havag-Projekt: So stressig ist der Job als Straßenbahnfahrer

Von Martina Weber 08.07.2017, 15:00
Florian Henze und Therese Kästner haben sich wissenschaftlich mit dem Stress-Level von Straßenbahnfahrern beschäftigt.
Florian Henze und Therese Kästner haben sich wissenschaftlich mit dem Stress-Level von Straßenbahnfahrern beschäftigt. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Für den Straßenbahnfahrer, der Freitagnachmittag mit der Linie 7 in Richtung Hauptbahnhof Halle fährt oder auf Falschparker in der Geiststraße trifft, wird der Dienst schnell eine Fahrt mit Adrenalinschüben.

Was aus Sicht eines Mitfahrers oft nicht ersichtlich wird, haben die zwei Wissenschaftler der Universität Halle, Therese Kästner und Florian Henze, als Probanden einer Studie am eigenen Leib erfahren dürfen.

Welche Situationen Straßenbahnfahrer psychisch belasten

„Die Zeitbindung, spielende Kinder auf Schienenhöhe und unvorhersehbare Störungen im Verkehr sind enorme psychische Belastungen für den Straßenbahnfahrer“, resümiert Henze, der selbst zweimal in der Woche die Tram durch den Berufsverkehr in Halle navigiert.

Aber auch das Fahren als isolierte Tätigkeit an sich und die oft verärgerten Reaktionen von Fahrgästen, wenn es zu Verspätungen im Schienenverkehr kommt, setzen langfristig der allgemeinen Gesundheit zu, ergänzt Institutsleiterin Renate Rau.

Havag will Arbeitsbedingungen für Straßenbahnfahrer verbessern

Mit dem 2015 begonnenen Projekt „Strab auf Trab“ versucht die Havag in Kooperation mit dem Institut für Psychologie der Universität Halle die Arbeitsbedingungen für die über 300 Havag-Straßenbahnfahrer zu verbessern und damit auch dem hohen Krankenstand entgegenzuwirken, der laut Geschäftsführer René Walther tendenziell höher liegt als im Vergleich zu anderen Berufsfahrergruppen.

Auf Grundlage der ersten Ergebnisse dieses Projekts wurden in einer „Arbeitsgruppe Verkehr“ des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) der Havag erste Maßnahmen umgesetzt. Diese nehmen das körperliche Wohlergehen während und nach der Arbeitszeit von Tramfahrern ins Visier.

Straßenbahnfahrer in Halle (Saale) bekommen Pausencoach

Ein Pausencoach an den Endhaltestellen, der die Fahrer zu sportlicher Betätigung animiert, bequemere Fahrersitze oder Trinkwasserspender können zunächst nur mildernde Maßnahmen sein.

Aber in Hinblick auf das positive Feedback der Mitarbeiter und mit der diesjährig besten Platzierung in der Kategorie Verkehrsunternehmen mit dem geringsten Krankenstand erste Weichenstellung für größere Entscheidungen sein. Und die betreffen das Schichtsystem und die täglich wechselnden Dienstzeiten.

Havag lotet Stress ihrer Mitarbeiter aus: Neue Dienstpläne für Straßenbahnfahrer?

„Die Gretchenfrage ist die Dienstplangestaltung“, sagt René Walther, Geschäftsführer der Stadtwerke Halle. Und auch die steht auf der Agenda des Unternehmens. Für Therese Kästner war der Dienstbeginn um 3.10 Uhr anfangs eine harte Konfrontation mit der Berufsrealität.

Aber auch Verspätungen durch Stau und Falschparker zeigten welchem Stress Straßenbahnfahrer ausgesetzt sind. „So schwindet ganz schell die Pausenzeit der Fahrer an der Endhaltestelle,“ erzählt Kästner.

Auszeichnung für Projekt der Havag

So wissen die zwei Wissenschaftler auch, dass die Belastungsprobe nur auf Zeit ist und in ihrer Studie auf Erfahrungen der Mitarbeiter selbst angewiesen sind.

Für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Hochschule und Unternehmen wurde das Havag-Projekt unter dem Motto „Wissenschaft goes Praxis“ mit dem Transferpreis der MLU ausgezeichnet und 1.000 Euro an die Wissenschaftler übergeben. (mz)