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Hallro - die ehrliche Währung

Von Detlef Färber 04.01.2012, 19:45

Halle/MZ. - Der pure Mangel und Wertverfall als Gestaltungselement - auf so was kommt nur ein Künstler! "Immer ist von finanziellen Einschnitten die Rede, aber man sieht sie nie - jedenfalls auf keinem Geldschein", schimpft ein sonst gut gelaunter Burghard Aust bei seiner Silvesterparty. Der hallesche Maler sagt das gleich an die richtige Adresse, denn mit am Tisch sitzt Ulf Dräger, der Chef des Landesmünzkabinetts. "So was gab’s aber schon", weiß der renommierte Geldhistoriker, der unter anderem zu diesem Thema letztes Jahr die viel beachtete Ausstellung "Geld für Magdeburg" gestaltet hat. "Dann wird’s aber höchste Zeit, dass es das wieder gibt", meint Aust. Und weil man nicht immer nur reden sondern auch handeln soll, greift der Künstler gleich an Ort und Stelle zu allen verfügbaren Mal-Utensilien und entwirft in Windeseile (und unter Drägers fachkundiger Beratung) den ersten halleschen Geldschein seit Langem: den "Hallro". Den schreibt er, weil es sich noch um einen Roh-Entwurf handelt, allerdings hinten mit h: als "Hallroh".

Was zunächst wie eine Party-Kreation klingt, ist allerdings keinesfalls eine Schnapsidee - oder zumindest viel mehr als das. Denn wie man Burghard Aust kennt, haben Ideen wie diese bei ihm eine große Durchschlagskraft. Schließlich hatte es Halle mit seinem "Babel"-Projekt im Zentrum der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt bis ins Halbfinale geschafft. Und unvergessen sind auch seine Kunstaktionen "Wetten, die Queen kommt doch" bei der Eröffnung der Jubiläums-Händelfestspiele sowie seine Aktion "Deutschland lässt die Hosen runter" - an einer Häuserfassade auf dem Domplatz.

Bei letzterer Aktion ging es inhaltlich auch schon um ein Thema, an das Aust nun wieder anknüpft: um Geld beziehungsweise um den chronischen Mangel an Geld - vor allem dann, wenn es um Kultur geht. Die Hosen-Aktion begleitete damals den Abschied von der Domplatzgalerie, die als eine der wichtigsten ihrer Art in Halle schließen musste. Und nun stehen die wieder mal anstehenden oder schon wirksam gewordenen Einschnitte also Pate für Austs Hallro. Freilich ist seither viel passiert. Denn die Finanzkrise hat das Vertrauen in die Sicherheit von Geld und anderen Werten inzwischen nachhaltig erschüttert: Ein Thema nicht nur für Künstler als Mitbetroffene, sondern auch Gegenstand für eine kreative Auseinandersetzung. "Mehr Schein als Sein, das gilt ja meistens bei Geld", fasst Aust dann auch seinen gedanklichen Ansatz zusammen: "Aber nicht bei unserem Hallro!"

Den Hallro sieht er vielmehr als die rare Erscheinung einer ehrlichen Währung an. "Dass von den 100 Euro, die ich vor Jahren in den Sparstrumpf gesteckt habe, nicht mehr alle da sind, verrät mir dieser Geldschein ja nicht", so der Künstler. Dagegen sei sein Hallro-Schein mit dem großen Ausschnitt oder Einschnitt aufrichtig. Besagter Schnitt sei ja ein V - und dieses V stehe für Verlust.

Andererseits denkt Aust bei seinem Hallro aber weniger in Verlust- als vielmehr in Gewinn-Kategorien. Denn, so der Künstler: Eine Währung die Kunst ist, dürfe heutzutage ja ohne Weiteres als die härteste ihrer Art betrachtet werden. Kunst als Wertanlage also? Wie will Aust das mit dem Hallro anstellen?

Mit derartigen Fragen ist dieser Künstler nicht aus der Ruhe zu bringen: Vieles sei möglich, "jetzt, wo der Name und die Idee in der Welt sind". Auf jeden Fall sieht er den Hallro schon mal als Herausforderung für sich als Grafiker. "Natürlich wird es dieses Jahr eine Hallro-Edition geben", kündigt er an. In limitierter Auflage natürlich und sozusagen als prototypische Schnupperkollektion - und als Vorschlag für eine vielleicht noch viel weitergehende Verwendung.

Für die hat Geldhistoriker Dräger Beispiele parat. So könne der Hallro für Kultur-Tauschgeschäfte in Analogie mit dem halleschen "Notgeld" dienen. Derartiges Notgeld habe es in der Geschichte oft gegeben. Oder der Hallro eigne sich als Gegenleistung für Kultursponsoring. Und - so freut sich Dräger: "Zu uns ins Museum gehört der Hallro auch gleich von Anfang an.