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Warten auf Volksfeste Hallescher Schausteller hofft auf baldigen Neustart: „Man muss flexibel bleiben“

Steven Gärtner ist Schausteller in sechster Generation. Wie er sich bis zum Saisonstart die Zeit vertreibt.

Von Annette Herold-Stolze 19.05.2021, 08:30
Im Moment steht das Kettenkarussell auf einen Anhänger. Aber Steven Gärtner und der "Flieger Biene Maja" könnten sofort losfahren.
Im Moment steht das Kettenkarussell auf einen Anhänger. Aber Steven Gärtner und der "Flieger Biene Maja" könnten sofort losfahren. (Foto: Annette Herold-Stolze9

Halle (Saale) - Über mangelnde Corona-Unterstützung vom Staat will Steven Gärtner gar nicht klagen. Es habe zwar etwas gedauert mit der November- und Dezemberhilfe, aber das Geld vom Bund sei gekommen. „Trotzdem hätten wir lieber auf dem Weihnachtsmarkt gestanden“, sagt der hallesche Schausteller in sechster Generation, und meint damit seine Schwestern Madeleine und Mareike gleich mit. Von ihren Eltern Heike und Peter Gärtner haben sie das Gewerbe übernommen, inzwischen führt jeder von ihnen einen Betrieb.

Beruf ist Berufung: Höhen und Tiefen des Schaustellerlebens

Wenn es da im Moment nur viel zu führen gäbe! Die Verkaufshütte für Suppen, die Steven Gärtner im Januar in Auftrag gegeben hat, steht nun bislang ungenutzt auf dem Grundstück in Kabelsketal, das der Familie als Stellfläche dient. Die Hütte ist genauso startklar wie der „Flieger Biene Maja“, ein Kinderkettenkarussell, und das Hängekarussell aus den sechziger oder siebziger Jahren, das der Schausteller von seinem Vater übernommen hat.

Von dem zu großen Teilen modernisierten nostalgischen Stück würde sich der 29-Jährige nach eigenen Worten niemals trennen. „Da steckt zu viel Familie drin.“ Und auch nicht von dem Beruf, der ihm im Wortsinn in die Wege gelegt wurde und der ihm längst Berufung ist, den er im Moment aber nicht ausüben kann. „So etwas gab es noch nie“, habe selbst seine inzwischen 80-jährige Oma gesagt, die in ihrer Berufszeit mit manchen Höhen und Tiefen des Schaustellerlebens konfrontiert war.

„Man muss flexibel bleiben“

Aber Steven Gärtner will nach vorn blicken, und er hegt angesichts sinkender Infektionszahlen vorsichtige Hoffnung, dass es vielleicht im Juli langsam wieder losgehen könnte mit dem Geschäft. Als es im Vorjahr zu handeln galt, um dem Wegbrechen von Umsatz etwas entgegenzusetzen, hat er ein Gewerbe für Dienstleistungen im Gartenbau angemeldet. Inzwischen arbeitet er auch in der Corona-Testation Peißen mit. „Man muss flexibel bleiben“, sagt er.

Das gelte in seiner Branche eigentlich immer und in diesen Zeiten umso mehr. Schutz vor der Pandemie sei nötig, findet er, wenn er auch nicht für jede Entscheidung Verständnis aufbringen kann. Der Schausteller erzählt vom vergangenen Sommer, als er mit seinen Karussells auf dem Markt stehen durfte. „Da mussten wir nach jedem Durchgang Griffe und Sitzflächen desinfizieren. Das haben wir natürlich gemacht. Aber im Supermarkt fassen täglich Hunderte Hände die Einkaufswagen an...“

Warten auf Folksfeste: Hoffnung auf den halleschen Weihnachtsmarkt

Immerhin ist trotz Corona Geld in die Unternehmenskasse gekommen, wie auch in der Zeit, als Steven Gärtner mit einem Streetfood-Festival auf Tour war. Auch bis nach Travemünde, obwohl ihm solche beruflichen Entfernungen seiner kleinen Familie wegen eigentlich viel zu weit sind. Für dieses Jahr gibt es schon neue Anfragen - und Steven Gärtner will annehmen, um das Geschäft wieder in Schwung zu bringen.

Selbstverständlich beteiligen sich Gärtners auch an der gerade laufenden Ausschreibung für den halleschen Weihnachtsmarkt. Geht alles gut, wird dort seine eigene Suppen-Hütte Premiere haben. Und bis dahin? An ihm soll es nicht legen, an seinen Kollegen auch nicht. „Wenn am Wochenende alles plötzlich normal wäre, würden wir sofort losfahren. Flexibel sein gehört zum Beruf.“