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Halles Sternengucker Halles Sternengucker: Blick ins All und zugleich in die Zukunft

Von Katja Pausch 28.03.2018, 11:45
René Schlesier - hier mit Teleskop vor dem Planetarium Kanena - ist Vereinsvorsitzender der Gesellschaft für astronomische Bildung.
René Schlesier - hier mit Teleskop vor dem Planetarium Kanena - ist Vereinsvorsitzender der Gesellschaft für astronomische Bildung. Holger John

Halle (Saale) - Schon von weitem sind sie nicht zu übersehen: Vor der Kuppel der Astronomischen Station „Johannes Kepler“ inmitten Kanenas hat sich am Samstagnachmittag eine Traube von Menschen gebildet. Allen gemeinsam ist: Sie gucken in den Himmel. Nicht einfach so, sondern durch zahlreiche Teleskope, die die Mitglieder zweier engagierter Vereine auf dem Platz vor Deutschlands ältestem Schulplanetarium aufgestellt haben.

Zum zweiten Male sind die Vereinsmitglieder der Astronomischen Station in Kanena zusammen mit der halleschen Gesellschaft für astronomische Bildung zum bundesweiten Tag der Astronomie gemeinsam Gastgeber und ermöglichen Neugierigen einen Blick in den Sternenhimmel. Und der ist an diesem Samstag bereits am Nachmittag ungetrübt - und äußerst lehrreich. Denn das Wetter lässt dank nur weniger kleiner Wolken die Aussicht auf die Sonne ebenso zu wie auf den zunehmenden Halbmond, der sich stetig höher in den Abendhimmel schiebt.

Astronomie: Dunkle Flecken auf dem Erdtrabanten zu sehen

Deutlich sind dank moderner Technik, die zu einem Teil aus alten DDR-Schulplanetarien gerettet wurde und auch heute noch höchsten Ansprüchen gerecht wird, die zahlreichen Krater und die „Mare“ genannten dunklen Flecken auf dem Erdtrabanten zu sehen. Bei letzteren handelt es sich - anders als es ihr Name vermuten lässt - nicht um tatsächliche Meere, sondern um ausgedehnte Lavaflächen.

Dass sogar ein Blick direkt in den Feuerball der Sonne möglich sein soll, erstaunt dann aber doch etliche Besucher. „Das geht nur mit speziellen Teleskopen, die das Farbspektrum filtern oder solchen, die die Sonne durch ein besonderes Verfahren projizieren“, erklärt René Schlesier. Der Vorsitzende der Gesellschaft für astronomische Bildung, die nach dem Abriss des Planetariums auf der Peißnitz vorübergehend Aufnahme bei den Geowissenschaften der halleschen Uni gefunden hat, warnt dringend davor, ohne Schutz direkt in die Sonne zu schauen.

Astronomie: Geschützter Blick in Richtung Sonne

Wer aber einen geschützten Blick in Richtung Sonne wirft, kann an diesem Nachmittag einige, wenn auch vergleichsweise wenig, Sonnenaktivität beobachten. „Links die winzige Ausstülpung: Das ist eine gewaltige Sonneneruption - frontal sichtbar als die bekannten Sonnenflecken“, ist von den Experten an den Teleskopen zu erfahren.

Doch nicht nur vor, sondern vor allem im Kanenaer Planetarium wird mit Begeisterung in den (an die Kuppel projizierten) Sternenhimmel geschaut. So erfahren die Zuhörer an diesem Astro-Tag, der bundesweit unter dem Motto „Das geheime Leben der Sterne“ steht, in stündlichen Vorträgen Interessantes über Mythen und Legenden im Sternenreich, bekommen Tipps zur Sonnenbeobachtung oder einen Einblick in stellare Mehrfachsysteme.

Einblick in das Hertzsprung-Russel-Diagramm

Bernd Schmidt vom Kanenaer Planetarium schafft es sogar, in einer Viertelstunde zumindest einen kleinen, aber gut verständlichen Einblick in das Hertzsprung-Russel-Diagramm (HRD) zu geben. „Mit dem HRD können Sterne klassifiziert werden“, so der ehemalige Physiklehrer und Mitglied des Kanenaer Vereins. Dieser setzt sich seit 1998 für den Erhalt der Astronomischen Station, 1961 von Karl Kockel erbaut, ein.

Neben der Schule Kanena entstand damals ein Rundbau mit drehbarer Kuppel, man erwarb das erste größere Teleskop: ein Zeiss Meniscas. Am 25. August 1962 wurde Einweihung gefeiert, zwei Jahre später dann ein Zeiss-Coudé-Linsenfernrohr installiert. „Bei dieser Konstruktion steht der Beobachter an ein und derselben Stelle im Gebäude, es bewegt sich nur das Fernrohr“, so Schmidt. 1965 kam eine weitere Sternwarte hinzu, um mehreren Schülern gleichzeitig eine Beobachtung zu ermöglichen. Mit dem Bau des Planetariums auf der Peißnitz zwischen 1976 und 1978 wurde die Sternwarte in Kanena nicht mehr offiziell genutzt. Den Coudé-Refraktor brachte man ins Peißnitz-Planetarium.

Viel haben die engagierten Kanenaer Sternenfreunde inzwischen erreicht. So wurden Fenster und die Tür zu dem kleinen Planetarium erneuert, ebenso der Eingang der Sternwarte vis à vis gesichert. „Hier haben wir noch viel vor, denn das Gebäude ist derzeit nicht nutzbar“, so Vereinsvorsitzender Detlef Fliege.

››Die Vereine im Netz: astroverein-halle.de und planetarium-kanena.de (mz)

Der Mond von seiner schönsten Seite: Durch das Teleskop ist Astro-Experte Bernd Schmidt diese Aufnahme in der Nacht zum Sonntag gelungen.
Der Mond von seiner schönsten Seite: Durch das Teleskop ist Astro-Experte Bernd Schmidt diese Aufnahme in der Nacht zum Sonntag gelungen.
Bernd Schmidt
Im Inneren des Planetariums in Kanena kann an die Kuppel der Sternenhimmel projiziert werden. Zum Tag der Astronomie war das Interesse daran groß.
Im Inneren des Planetariums in Kanena kann an die Kuppel der Sternenhimmel projiziert werden. Zum Tag der Astronomie war das Interesse daran groß.
Holger John