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Halle Halle: Wächter werden Eigentümer

Von HEIDI POHLE 02.09.2011, 17:45

Halle (Saale)/MZ. - Als sich Almuth Lohmann-Zell im Mai 2007 in der Triftstraße 19 a ein Keramik-Atelier einrichtete, war sie noch Burg-Studentin. Und froh, in dem sogenannten Wächterhaus an der Lutherlinde einen Arbeitsraum für wenig Geld gefunden zu haben. Jetzt ist sie eine gestandene Keramikerin, und das Atelier gehört ihr. Denn sie wie auch die anderen acht gewerblichen Mieter, darunter eine Designerin und eine Textilgestalterin sowie Architekten, sind Eigentümer geworden - sie haben das Haus der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG) abgekauft. Nun wollen sie es sanieren.

Dass ein Wächterhaus in das Eigentum der einstigen Nutzer übergeht, ist bislang wohl einmalig in der Region Halle-Leipzig, sagt Stephan Schirrmeister. Er ist der Chef des "HausHalten"-Vereins, der das erste Wächterhaus in Halle einrichtete. Mittlerweile ist noch der alte Gasthof "Goldene Rose" in der Rannischen Straße hinzugekommen. Beide Gebäude wurden dem Verein von den jeweiligen Eigentümern unsaniert, aber nutzbar für einen Zeitraum von fünf Jahren überlassen mit der Auflage, die Häuser zu erhalten, also kleinere Reparaturen selbst auszuführen. Woraus der Begriff "Wächter" entstand. Im Gegenzug werden für die Nutzer nur Nebenkosten fällig.

Für die Künstlerschar in der voll belegten Triftstraße 19 a wäre das Wächter-Projekt im Juni nächsten Jahres abgelaufen. Was nicht nur Almuth Lohmann-Zell als Nutzerin der ersten Stunde bedauert hätte. "Zum Glück hatten wir ein Vorkaufsrecht", so Stephan Schirrmeister. So konnte das Haus der HWG zum Preis von 54 000 Euro abgekauft werden; eine Summe, die auch jeder andere neue Eigentümer hätte zahlen müssen. "Wir sind froh, dass die Immobilie von den ,Wächtern' vor dem Verfall bewahrt wurde", kommentierte HWG-Chef Heinrich Wahlen den Besitzerwechsel. Hätten es die jungen Künstler nicht bewirtschaftet, wäre es heute wohl eine Ruine.

Leicht ist es für die neuen Eigentümer nicht gewesen, das Geld für den Kauf und den ersten Teil der Sanierung, im Durchschnitt rund 12 000 Euro, aufzubringen, wie Schirrmeister erzählt. Geholfen habe da ein zinsloses Darlehen eines Privatmannes mit "Herz für Kunst und Kultur" sowie eine bereits gebildete Instandhaltungsrücklage.

Und im Keller steht schon etliches Material für den Umbau bereit, Heizungen zum Beispiel - bislang gab es nämlich im Haus nur Öfen -, dazu Türen und Fenster, die allesamt aus Abriss-Gebäuden auf dem Gelände des künftigen Geisteswissenschaftlichen Zentrums am Steintor geborgen wurden. Ganz legal, wie Schirrmeister betont. "Zudem wollen die neuen Eigentümer viel selbst machen, so dass die Sanierung nicht allzu teuer wird." Die Fassade soll im nächsten Jahr an die Reihe kommen.

Traurig, ein Wächterhaus verloren zu haben, ist Schirrmacher nicht, eher stolz, etwas auf Dauer begründet zu haben. Zudem hat der "HausHalten"-Chef schon neue Projekte im Blick. Denn Bedarf an preiswerten Gewerberäumen gebe es in Halle genug.