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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Sanierung im Raketen-Tempo

Von ALEXANDRA PRINZ-KLAUSE 03.11.2011, 18:07

PEISSEN/MZ. - Für Friseurin Ramona Kramm aus Peißen war es zunächst ein Schock, als sie hörte, dass die Grundschule in Peißen geschlossen werden soll. Ihre Tochter Charlotte geht in die dritte Klasse: "Ich hatte gehofft, dass an den Gerüchten nichts dran ist." Sicher, das Schulgebäude müsste dringend saniert werden, in einigen Räumen regnet es durch, es gibt Schimmelflecke, und kein Fenster lässt sich richtig öffnen. "Aber wir hatten bis zuletzt Hoffnung, dass der Schulstandort Peißen erhalten bleibt."

Konzept soll fortgesetzt werden

Vor einigen Tagen stimmte der Stadtrat in Landsberg einstimmig für die Verschmelzung der Grundschulen Hohenthurm und Peißen. "Bereits zum nächsten Schuljahr werden die Schüler aus Peißen, Zöberitz, Braschwitz und Plößnitz mit nach Hohenthurm gehen", sagt Landsbergs Bürgermeister Olaf Heinrich (CDU). Zunächst sei man davon ausgegangen, dass alle vier Grundschulen der Stadt Landsberg Bestand haben, weil die Schülerzahlen steigen. "Aber das Schulgebäude in Peißen hat einen Sanierungsbedarf von einer Million Euro. Das hätte Abriss und Neubau bedeutet." Da auch die Schule in Hohenthurm saniert werden muss, konnte es nur heißen, Peißen und Hohenthurm zu verschmelzen. Die jetzige geschlossene Sekundarschule Hohenthurm wird zur Grundschule und das benachbarte bisherige Grundschulgebäude der Schulhort. Auch die Turnhalle soll teilweise saniert werden. Geschätzte Kosten laut Heinrich: rund 1,05 Millionen Euro.

Das erfolgreiche Konzept der Grundschule Peißen soll von Leiterin und Lehrerschaft in Hohenthurm fortgesetzt werden. Ein weiterer Vorteil sei die digitale Vernetzung. Das Land will ab April das Förderprogramm STARK 3 auflegen, wodurch alle Schulen im Einzugsbereich digital vernetzt sein werden.

Man plane außerdem eine Fenster- und Fassadenerneuerung sowie ein Solardach. Für Mutter Ramona Kramm sind die Landsberger Pläne nachvollziehbar. Dennoch meint sie: "Peißen ist eine reiche Gemeinde gewesen. Vor der Zwangseingemeindung war noch ein großer Topf da, der ausgeschüttet werden sollte. Da wurden Straßen in Zöberitz saniert, was meiner Meinung nach unnötig war. Außerdem wurde viel Geld in ein Gemeindezentrum gesteckt."

Miete fürs Gemeindezentrum?

Ein Gemeindezentrum, für das laut Kramm Miete gezahlt werden muss, auch, wenn Schule, Kindergarten oder Chor das Haus nutzen wollen. Für die Peißenerin Ramona Kramm völlig unverständlich. "Das kann doch nicht sein, dass diese Einrichtungen dafür zahlen müssen, das eigene Gemeindezentrum zu nutzen. Allein für die Einschulung in diesem Jahr musste die Schule 100 Euro bezahlen", sagt die Mutter. Eine Tatsache, die die Gemüter der Lehrer und Eltern in Wallung gebracht habe.

Auch die Tochter von Katja Junker aus Plößnitz geht in die Grundschule Peißen. Sie selbst sei dort ebenfalls Schülerin gewesen. "Da hängt natürlich Herzblut dran. Man hätte schon viel eher etwas machen müssen, unabhängig davon, ob EU-Förderanträge bewilligt worden sind oder nicht", so Junker. "Im vergangenen Jahr hatte die Gemeinde Peißen noch auf Gelder aus dem EU-Schulbauförderprogramm gehofft", bestätigt Peißens Ortsbürgermeister Frank Stolzenberg (parteilos). "Auf einer Prioritätenliste des Landesverwaltungsamts stand die Grundschule Peißen auf Platz zwei und hätte eigentlich berücksichtigt werden müssen. Aus Gründen, die für mich nicht nachvollziehbar sind, hat Peißen den Zuschlag nicht bekommen, sondern die Grundschule Löbejün", so Stolzenberg weiter.

Die Vorwürfe, die Schulschließung müsse der Gemeinderat verantworten, weist Stolzenberg von sich: "Die Gemeinde Peißen hatte erst seit rund vier Jahren einen stabilen Haushalt. Vor dieser Zeit die Grundschule zu sanieren, hätte keinen Sinn gemacht." Er könne die Vorwürfe der Eltern und Lehrer teilweise nachvollziehen. "Sicherlich stand vor der Zwangseingemeindung noch eine größere Summe zur Verfügung, aber die ging nach Zöberitz, weil die Anwohner dort auch schon lange darauf gewartet haben", so Stolzenberg.

Detailliert über Pläne informieren

Landsbergs Bürgermeister Heinrich plant unterdessen bereits die nächsten Schritte: "In der kommenden Woche gehen die Einladungen an die Elternvertreter raus. Diese werden dann detailliert über die Pläne informiert." Bis Mitte Januar soll es dann noch eine Phase geben, bei der vor allem die Lehrer, aber auch Eltern und Kinder Wünsche äußern dürfen, was noch berücksichtigt werden sollte.

"Und dann", so Heinrich weiter, "wird gebaut und zwar im Raketen-Tempo." Beim Thema Wünsche hat für Vater Manfred Spieß aus Braschwitz Priorität, "dass die Kinder im nächsten Schuljahr in eine sanierte Schule umziehen können und die Baumaßnahmen im Innenbereich abgeschlossen sind." Außerdem sei ihm wichtig, dass die Freude am Lernen erhalten bleibe. "Die Lehrer in Peißen haben ein optimales Umfeld geschaffen. Es wäre erfreulich, wenn die Klassen mit den Lehrern gleich bleiben", äußerte der Vater eine Hoffnung für die Zukunft in der neuen Grundschule.