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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Kampf um die Marktwirtschaft

Von michael tempel 30.01.2012, 20:09

Halle (Saale)/MZ. - Gegen den Abriss formiert sich jetzt stadtweit Widerstand.

"Das wäre der seit langem größte Verlust an historischer Bausubstanz", sagte Christian Feigl vom Arbeitskreis Innenstadt (AKI). Das Denkmal, an dem Netze gespannt sind, um Passanten vor herabfallenden Teilen zu schützen, stammt aus dem 16. Jahrhundert. Feigl: "Würde es saniert, würde es einen ähnlich herrlichen Anblick wie das Fachwerkhaus in der Kleinen Ulrichstraße bieten, in dem sich das Wirtshaus ,Alt Halle’ befindet."

Pressesprecherin Gabriele Städter vom Landesverwaltungsamt bestätigte, dass am 20. Dezember 2011 bei der Oberen Denkmalbehörde ein Abrissantrag für das Haus gestellt worden ist. "Da aber noch nicht alle Unterlagen eingereicht worden sind, konnte noch kein offizielles Verfahren eingeleitet werden", so Städter. Über die Aussichten des Antrags könne man keine Prognose abgeben. Feigl und die anderen Akteure vom AKI wollen alle Hebel in Bewegung setzen, den Abriss zu verhindern. "Wir haben gegenüber dem Eigentümer unser Kaufinteresse bekundet", sagte Feigl. Nun warte der Verein darauf, dass der Besitzer seine Preisvorstellung nennt.

Parallel hat sich auch der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit für einen Erhalt des Hauses ausgesprochen. Zudem wurde die Stadtverwaltung angewiesen, sich für die Rettung des Objekts einzusetzen. Anlass war ein Antrag von Roland Hildebrandt und Raik Müller (beide CDU). "Das ist ein Bekenntnis zu unserer Stadtgeschichte", sagte Hildebrandt. Die Brüderstraße 7 gilt auch als altes "Schultheißenhaus". Das heißt, dort soll einst ein sogenannter Schultheiß (eine Art Beamter) Recht gesprochen haben. AKI-Mitglied Feigl mutmaßt, dass dem Eigentümer die historische Bedeutung des Gebäudes unbekannt oder gleichgültig ist. Bei dem Mann handelt es sich um den aus Berlin stammenden Betreiber der Spielothek "Fortuna 93" an der Großen Steinstraße. Er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Zu dem Abrissantrag muss von verschiedenen Behörden eine Stellungnahme eingeholt werden. Das Landesamt für Denkmalpflege hat nach eigenen Angaben einem Abbruch bereits widersprochen. Und auch Halles Stadtverwaltung spricht sich eindeutig für einen Erhalt des Denkmals aus. "Das Gebäude steht seit Jahren auf der Roten Liste der gefährdeten, aber zu erhaltenden Baudenkmale. Dies wurde der Oberen Denkmalbehörde vor Tagen bereits mitgeteilt", sagte Bauordnungsamtschef Günter Hannuschka. Ihm zufolge hat der Eigentümer vor, die freiwerdende Fläche zu bebauen. Was konkret entstehen soll, sei unklar. "Wir können nur versuchen, über eine eventuell mögliche Förderung den Eigentümer zum Erhalt des Hauses zu bewegen", sagte Hannuschka. Auch die Vermittlung eines Verkaufs an einen Dritten durch die Stadt sei denkbar.

Für die historische Innenstadt wäre ein Abriss ein fatales Signal, das Nachahmer finden könnte: Denn in der Brüderstraße stehen mehrere weitere denkmalgeschützte Objekte in Privatbesitz, deren Zukunft unklar ist. Vor diesem Dominoeffekt warnt auch AKI-Mann Feigl. Er machte indes die Stadt und das kommunale Wohnungsunternehmen HWG für den Verfall des Hauses und die jetzige Abrissgefahr mitverantwortlich: "Bis vor wenigen Jahren hat die Brüderstraße 7 einer Eigentümergemeinschaft gehört, an der die Stadt und die HWG beteiligt waren", so Feigl.