Halle Halle: Römervilla ganz aus Kork
halle/MZ. - Eine luxuriöse Stadtvilla in Pompeji, ganz in der Nähe des Großen Theaters. Die Casa del Menandro ist eines der größten repräsentativen Häuser in Pompeji, benannt nach einer Wandmalerei, die den antiken Dichter Menander zeigt. Heiße Asche regnet an diesem schicksalträchtigen Tag im Jahre 79 n. Chr. vom Himmel, glühende Gesteinsbrocken fliegen durch die Luft, die 800 Grad heiß durch die Straßen und Gassen der römischen Stadt strömt: Der Vesuv leistet bei seinem todbringenden Ausbruch ganze Arbeit und begräbt nicht nur das Haus des Menander und seine Bewohner, sondern ganz Pompeji sowie mehrere Orte am Fuße des aktiven Vulkans unter mehr als drei Kubikkilometer Asche.
Das Haus des Menander und eine Vielzahl von Funden daraus gehören zu den zentralen und eindrucksvollsten Exponaten, die ab nächster Woche in der Ausstellung "Pompeji - Nola - Herculaneum. Katastrophen am Vesuv" im halleschen Landesmuseum für Vorgeschichte gezeigt werden. Ein eigens für die Schau geschaffenes Korkmodell im Maßstab 1:50 soll dabei das Alltagsleben in der römischen Antike besonders anschaulich werden lassen. Der Kölner Phelloplastiker (phello - lat. Kork) Dieter Cöllen hat dafür ein 1,60 Meter mal 1,60 Meter großes Modell der Villa und seiner angrenzenden Gebäude in mehr als einjähriger Arbeit aus Kork gestaltet. In beeindruckender Detailgenauigkeit zeigt es das Anwesen eines reichen pompejanischen Bürgers praktisch im Zustand, in dem es einst unter dem Ascheregen des Vesuvs versank.
Um das Modell so realistisch wie möglich gestalten zu können, reiste nicht nur Cöllen nach Pompeji. Vielmehr wurde die antike Stadt auch von Archäologen und Wissenschaftlern des halleschen Landesmuseums besucht und komplett neu vermessen. "Normalerweise werden in Ausstellungen 3-D-Modelle oder Grundrisszeichnungen verwendet", so Jens-Arne Dickmann von der Albrecht-Ludwig-Universität Freiburg, der seit Langem zum Phänomen Pompeji forscht und ganz aktuell einen Beitrag zur Pompeji-Forschung in der "National Geographic" veröffentlicht hat. Sein Beitrag befasst sich unter anderem mit rätselhaften Leichenfunden im Hause des Menander, die nicht eindeutig dem Vesuvausbruch zuzuschreiben sind.
Für die hallesche Pompeji-Ausstellung, die unter anderem auch Dickmann wissenschaftlich begleitet, habe man sich für die im 18. Jahrhundert übliche Darstellungsform von antiken Bauwerken und Funden entschieden - eben für jenes Modell aus Kork, das in idealer Weise den Baustoff und dessen natürlichen Verwitterungsprozess der antiken Bauten imitiert. Um einen Einblick in das Innenleben der Gebäude zu bekommen, wurde auf die Darstellung von Dächern verzichtet. Wandmalereien und gestalterische Elemente, Teile der Innenausstattung wie Herde oder Öfen, aber auch die Anlage und Bauweise von Straßen, Wegen und Gärten sind nun anhand des Modells hervorragend erkennbar. Dem Besucher bietet sich damit die einmalige Möglichkeit, von oben die Struktur eines römischen Anwesens und damit auch die Lebensweise seiner Bewohner zu erfassen.
Begleitend zu diesem Korkmodell, das im Zentrum eines Ausstellungsraums im Landesmuseum stehen wird, werden sämtliche Funde aus dem Hause des Menander ausgestellt. Somit ergibt sich im Kontext ein realistisches Bild vom Alltag im antiken Pompeji.