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Halle Halle: Neustädter Kino an der Spitze

Von Frank Czerwonn 15.02.2012, 20:53

Halle (Saale)/MZ. - Der Oscar-Kandidat "In Darkness" hat deutschlandweit nirgendwo mehr Zuschauer als in Halle. Die polnisch-deutsch-kanadische Ko-Produktion, die von der hallschen Filmfirma "Schmitz Katze Filmkollektiv" produziert wurde, ist vor einer Woche mit lediglich 31 Kopien gestartet. In der Saalestadt läuft der Film nur im Neustädter Kino "TheLight Cinema". "Wir hatten von Donnerstag bis Sonntag knapp 400 Zuschauer", sagt Kino-Chefin Kathrin Harder. Deutschlandweit habe das Holocaust-Drama an diesen vier Tagen 1 650 Besucher gezählt.

Diese für den hochgelobten Streifen erstaunlich niedrige Zahl bringt ihn nicht mal in die Top Ten der aktuellen Kino-Charts. Für den halleschen Mit-Produzenten Leander Carell ist das jedoch keine Überraschung. "Auf die Startwochenend-Zahlen kann man in diesem Fall noch nicht viel geben." Denn "In Darkness" sei nun mal kein Popcorn-Film, sondern anspruchsvolle Kost und mit relativ wenigen 31 Kopien angelaufen. "Ein Problem ist, dass in den Programm- und Arthouse-Kinos aber beispielsweise der französische Erfolgsfilm ,Ziemlich beste Freunde‘ seit Wochen die Leinwände belegt." Der laufe in 700 Sälen. Carells Produzenten-Kollege Steffen Reuter ergänzt, er habe zahllose positive Reaktionen von Zuschauern bekommen, die den Film gesehen haben. "Das macht große Hoffnung."

Auch der Verleiher, die NFP marketing & distribution aus Berlin, verweist einerseits auf "das sehr spezielle Thema" des Films und andererseits auf die derzeit große Anzahl sehr guter Filme sowie die Berlinale. "In Darkness" erzählt die wahre Geschichte eines polnischen Diebes , der 1943 eine Gruppe jüdischer Flüchtlinge gegen Geld in der Kanalisation versteckt, schließlich aber sogar sein Leben für sie riskiert. Die Zielgruppe des Streifens, der für Polen ins Rennen um den Auslands-Oscar geht, ist laut Verleih nun mal nicht das Blockbuster-Publikum, dass gleich am ersten Wochenende ins Kino rennt. Der Film werde sein Publikum aber auf jeden Fall finden. Zudem versichert NFP, dass sie jederzeit weitere Kopien an interessierte Kinos geben könnten. Und wenn am 26. Februar "In Darkness" den Oscar gewinnen sollte, würde dies zusätzliches Interesse wecken.

Auch Produzent Carell meint, dies sei ein Film für den langen Atem - und wird von Neustadts Kino-Chefin Kathrin Harder bestätigt. Doch warum hat sie überhaupt entschieden, diese anspruchsvolle Kost ins Programm zu nehmen? "Weil wir das Publikum für solch einen Film haben." In Neustadt? "Ich weiß - das widerspricht dem Image des Stadtteils." Aber der Erfolg gebe ihr Recht. "Hier wohnen viele Leute, die 50 Jahre und älter sind und anspruchsvolle Filme sehen wollen." Die seien froh, dass sie für "In Darkness" nicht ins Kino Lux oder Puschkino fahren müssen. Manche der Zuschauer seien gar zum ersten Mal im "TheLight Cinema" gewesen. Auch die Aufführungszeit, die zwischen 16.10 und 17.25 Uhr pendelt, sei auf dieses Publikum abgestimmt. Allerdings kann sich Harder gut vorstellen, den Film demnächst nicht nur einmal am Tag, sondern auch in einer zweiten Vorstellung um 20 Uhr anzubieten. Auf jeden Fall will sie ihn noch mindestens drei Wochen zeigen, denn das Interesse wachse. "Offenbar muss sich erst herumsprechen, wie gut der Film ist." Dass "In Darkness" sogar Blockbuster-Qualitäten hat, beweisen gerade die Zuschauer in Polen. Dort überflügelt der Film derzeit alle aktuellen Hollywood-Produktionen.

Die halleschen Produzenten werden die Oscar-Verleihung in Los Angeles verfolgen. "Wir sind nur zehn Minuten vom Kodak Theatre weg und feiern eine große Party mit allen deutschen Vertretern", sagt Carell. Darunter seien auch die Crews der Regisseure Wim Wenders und Roland Emmerich.