Neustadt Halle-Neustadt: Banken ist das Risiko zu hoch

Halle (Saale) - Die Idee klingt erst einmal verlockend: Die Gesellschaft für Wohn- und Gewerbeimmobilien Halle-Neustadt, also die zu 100 Prozent städtische Vermieterin GWG, kauft nach 19 Jahren im Südpark Wohnblöcke zurück, saniert sie und sorgt so dafür, dass die Stadt in ihrem wohl härtesten sozialen Brennpunkt wieder Fuß fassen kann. Das wird aber zunächst eine Vision bleiben. Denn so einfach, wie es klingt, wäre das Vorhaben wohl nicht zu realisieren.
„Wir würden dafür kein Geld von den Banken bekommen und müssten eine Finanzierungslösung aus eigenen Mitteln finden“, sagt Alexander Conrad, der Leiter der Unternehmensentwicklung bei der GWG. Eine Rückkehr der Wohnungsgesellschaft in den Südpark ist für das Unternehmen nicht zuletzt aus finanziellen Gründen keine Option.
Plattenbauten für Banken nicht attraktiv
Die GWG verwaltet in Neustadt rund 10.000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten. „Wir haben durch die hohe Zahl an Wohnblöcken einen äußerst homogenen Wohnungsbestand, der die Banken eben auch zu entsprechend negativen Risikobewertungen kommen lässt“, sagt Conrad. Im Vergleich etwa zur ebenfalls städtischen HWG besitzt die GWG fast ausschließlich Plattenbauten, die für Banken als Kredit-Sicherheiten kaum attraktiv sind.
Sollte sich das Neustädter Unternehmen also tatsächlich mit dem Gedanken tragen, in den Südpark zurückzukehren, müsste die GWG das aus eigener Tasche bezahlen. Doch weil die städtischen Wohnungsunternehmen in Halle aktiv zur Haushaltskonsolidierung beitragen und jährlich einen großen Teil ihrer Gewinne an die Stadtkasse abführen müssen, ist ein solches Projekt nahezu undenkbar. „Man kann jeden Euro nur ein Mal ausgeben“, sagt Conrad.
GWG seit 1997 nicht mehr im Südpark
Die GWG hat den Südpark vor 19 Jahren verlassen. Im Mai 1997 verkaufte die Gesellschaft ihren kompletten Bestand von 1.166 Wohnungen an einen privaten Investor, um den Forderungen aus dem Altschuldenhilfegesetz nachkommen zu können. Der Verkauf traf damals aber nicht nur den Südpark. „Wir mussten uns auch von Beständen im Neustädter Zentrum trennen“, so Conrad. Der Südpark-Investor war im Mai 1997 wirtschaftlich gut aufgestellt und so ging man auf Stadtseite davon aus, dass die Wohnungsbestände in einer Hand bleiben würden.
Doch die Ernüchterung folgte schnell: Weil das Privat-Unternehmen in die Insolvenz ging, wurde der Wohnungsbestand in mehreren Schritten an verschiedene neue Eigentümer weiterverkauft. Was dazu führte, dass es im Südpark inzwischen einen bunten Strauß an Vermietern gibt. Das sind neben der Halle-Neustädter WG die Opus-One GmbH, die IWG und Westminster Immobilien sowie Fonds mit kleineren und mittleren Wohnungsbeständen. Gerade die haben aber kaum Interesse an einer langfristigen Bestandshaltung. Ergebnis: Die Wohnungen wechseln häufig ihre Besitzer.
Und denen geht es eben auch um das schnelle Geld. „Während wir darauf achten, wie unsere Wohnungen vermietet werden und eben auch auf Integration setzen, ist das einigen privaten Investoren, die sich im Niedrigpreissektor, bewegen oft egal“, sagt Conrad.
Ruf des Südparks schreckt ab
Zwar hätten Conrad zufolge einige der kleineren Vermieter im Südpark an ihren Gebäuden Grundsanierungen durchgeführt. Reißenden Absatz hätte ihr Bestand aber nicht gefunden. „Der Ruf, den das Viertel inzwischen hat, hält viele Leute davon ab, in den Südpark zu ziehen.“ Ein Problem, vor dem schließlich auch die GWG nach einer Rückkehr stehen würde. Selbst Lockangebote einiger Vermieter wie spezielle Fernseh-Abos oder geschenkte Einbauküchen würden kaum ziehen.
Alexander Conrad sagt aber auch, dass die Grundlage für Rückkehr-Visionen nur klare und deutliche Absichtserklärungen von Stadt und Stadtrat sein könnten. Aus finanziellen Gründen glaubt daran aber Niemand. „Und selbst wenn, es würde bis zu 15 Jahre dauern, um den Südpark wieder aus der Taufe zu heben und zu korrigieren, was in den vergangenen zehn Jahren versäumt wurde.“
Ausschuss lehnt Vorschlag von OB Wiegand ab
Unterdessen hat der Stadtrats-Ausschuss für Stadtentwicklung am Dienstag einen Vorschlag von Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) abgelehnt, wonach die GWG-Geschäftsführung ein Konzept zur sozialen Wohnraumversorgung für Halle-Neustadt erarbeiten sollte. Das Unternehmen sollte über einen zunächst 100.000 Euro starken Sozialfond Hartz-IV-Empfängern und Besitzern eines Wohnberechtigungsscheins Mietzuschüsse finanzieren.
Einige Stadträte meinten aber angesichts des Vorhabens der Rathausspitze, dass auf diese Weise einer Ghettoisierung Neustadts Vorschub geleistet würde. Denn Sozialschwache, die sich eine Wohnung in der Innenstadt nicht mehr leisten können, wären gezwungen, nach Neustadt zu ziehen - auch nach vielen Lebensjahren in der Altstadt. (mz)
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