Halle Halle: Mehr Lehrstellen als Azubis
Halle (Saale)/MZ. - Noch vor ein paar Jahren fehlten die Lehrstellen, heute mangelt es an Bewerbern - der Trend auf dem Ausbildungsmarkt hat sich gründlich gewandelt. Für den Arbeitsagentur-Bereich Halle heißt das: Es gibt im zweiten Jahr in Folge mehr Stellen als Bewerber, wie Agentur-Chefin Petra Bratzke sagte. So standen in Halle, im Saalekreis und in Bitterfeld 2 050 Jugendlichen insgesamt rund 2 300 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Derzeit sind in der Region 107 Bewerber unversorgt. Dem gegenüber waren 111 Ausbildungsplätze unbesetzt. In ganz Sachsen-Anhalt kommen rein rechnerisch auf 95 Ausbildungsstellen 100 Bewerber. Der Grund liegt vor allem im gestiegenen Fachkräftebedarf und im demografischen Wandel.
Dass es nicht mehr so leicht ist, junge Leute zu finden, die ausgebildet werden können, das macht sich auch beim Pumpen- und Armaturenhersteller KSB in der Turmstraße bemerkbar, wo derzeit 53 Azubis lernen. "Früher hatten wir immer mehrere hundert Bewerber. Heute kommen auf jeden unserer 15 Ausbildungsplätze pro Jahr gerade noch vier Schulabgänger, die zudem nicht immer gute Zeugnisse haben", erläuterte Petra Fischbeck am Montag bei einem Pressegespräch. Für die Personalleiterin des traditionsreichen Maschinenbau-Unternehmens ist diese Situation eine Herausforderung. Es komme jetzt darauf an, über neue Wege Azubis zu gewinnen, um den Erfolg des Standortes langfristig zu sichern.
So sollen nicht mehr nur Praktika für Schüler angeboten werden, sondern auch für Lehrer, die ihren Schützlingen dann aus eigener Erfahrung die Arbeitswelt besser schildern könnten, so Petra Fischbeck. Das Interesse halte sich jedoch noch sehr in Grenzen. Zunehmend berücksichtigt würden zudem Jugendliche, die schon eine Ausbildung absolviert haben und nun merken, dass sie damit keine Arbeit finden. "Sie sollen bei uns eine zweite Chance erhalten." Angedacht sei zudem, über Stadtgrenzen hinaus zu sehen und weiter entfernt wohnende Azubis mit Internatsplätzen zu versorgen.
KSB-Werkleiter Christian Haag machte auf die generelle Schwierigkeit von produzierenden Unternehmen aufmerksam, Nachwuchs zu finden. Nach wie vor seien Berufe im Verkauf, in der Gastronomie oder im Büro gefragt. "Dabei haben gerade technische Berufe Zukunft." Er machte Mädchen Mut, sich dafür zu bewerben, zumal der Verdienst höher liege als beispielsweise im Friseurfach. Die Pumpenwerke haben bisher so gut wie alle Azubis übernommen, wobei ein Arbeitsplatz all denen garantiert ist, die mindestens die Abschluss-Note 2,0 erreichen.
Deshalb ist es Christian Frosch nicht Bange, nach der Ausbildung ohne Job dazustehen. Der 21-Jährige lernt im dritten Jahr Zerspanungsmechaniker. Über ein Schülerpraktikum ist er nach dem Abitur zu der Lehre gekommen. "Diese Entscheidung habe ich nicht bereut", sagt der junge Mann, der zu den besten Azubis bei KSB gehört. Eine spätere Qualifizierung sei durchaus möglich.
Auffallend ist, dass immer mehr Betriebe Ausbildungsplätze anbieten. Im Bereich Halle waren es 2 009 Stellen, das sind 141 oder rund 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit auch Schüler mit weniger guten Noten eine Chance haben, kündigte die Arbeitsagentur Unterstützung an. Denn auch in den nächsten Jahren wird die Zahl der Schulabgänger nicht steigen.