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Halle hatte die erste Büste

Von MARTINA SPRINGER 05.02.2009, 16:47

HALLE/MZ. - Angebracht von der "Initiative zur Errichtung eines neuen Heine-Denkmals in Halle", verweist die schlichte Tafel darauf, dass im Garten des Schlösschens am 11. August 1912 durch den Heine-Bund Halle ein Denkmal für Heinrich Heine (1797-1856) eingeweiht wurde. "Es war das erste figürliche Denkmal für den jüdischen Dichter in Deutschland", sagt Rainer von Sivers.

Der Koordinator der Initiative Zivilcourage beginnt seinen thematischen Rundgang zu halleschen Heine-Gedenkstätten häufig in Trotha. Die Route führt dann über das Saaleufer zum Universitätsplatz, wo seit dem 1. Juni 2002 das neue Denkmal steht. Der Rundgang ist damit zugleich eine Zeitreise, die nicht nur über einen der bedeutendsten deutschen Dichter und Journalisten des 19. Jahrhunderts informiert, sondern auch über Menschen, die ihn schätzten und ehrten - sowie jene, denen sein kritischer Geist und seine jüdische Herkunft zutiefst verhasst waren.

Der Besitzer des Trothaer Schlösschens, Arthur Weber, und der spätere Schöpfer des Denkmals, Paul Schönemann, kannten sich. Das "Bindeglied" zwischen ihnen war der 1907 eröffnete Volkspark. Dort hatte Weber einige Zeit gearbeitet, dort auch hingen Bilder von Schönemann. Marx, Engels, Bebel hatte der aus Glaucha stammende Schlosser, der sich in seiner

Freizeit mit Kunst beschäftigte, porträtiert. Der Autodidakt schuf das Heine-Denkmal - zunächst eine Büste aus Marmor, dann kam der Sockel aus Kunststein hinzu. 1912 war das Werk vollendet.

Kaum 15 Jahre später, laut von Sivers 1927 oder 1928, beschmierten und beschädigten rechtsgesinnte Radikale das Denkmal. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, wurden nicht nur Bücher verbrannt, sondern auch Schönemanns Bilder - und das Heine-Denkmal wurde zerstört. Lediglich ein Teil des Sockels blieb erhalten und lagerte bis 1998 im Garten des ehemaligen Trothaer Schlösschens. "Aber kaum einer wusste von dem Sockelrest."

Nach dem Krieg gab es mehrmals Bestrebungen für ein neues Denkmal. 1945 / 46 hatte sich die Bauhütte "Roter Turm" dafür eingesetzt. Zum 100. Todestag Heines 1956 richtete der städtische Sportausschuss ein Spendenkonto ein. Ein Denkmal wurde nicht realisiert, doch der hallesche Bildhauer Richard Horn schuf ein Relief und eine kleine Platte. Ein Felsen am Saaleufer und ein kleiner Park, bis dahin nach dem halleschen Bankier Lehmann benannt, trugen fortan den Namen Heinrich Heine. Am Felsen wurden die Platte und das Relief angebracht.

Seit 1992 setzte sich Rainer von Sivers - samt engagierten Mitstreitern und gegen manche Widerstände - für ein neues Heine-Denkmal ein. Am 11. August 1997 konnte die Tafel in Trotha angebracht werden. Zum 200. Geburtstag Heines gab es im November 1997 in der Konzerthalle Ulrichskirche eine Veranstaltung, an der Künstler wie die Schauspieler Eberhard Esche, Wolfgang Winkler und Elke Richter auftraten, Schriftsteller aus der Saalestadt lasen und hallesche Maler Werke versteigern ließen: Nun gab es einen finanziellen Grundstock für ein neues Denkmal - und bald auch einen ausführenden Künstler. Jens Bergner, ein Schüler von Prof. Bernd Göbel, hatte den Bildhauer-Wettbewerb gewonnen.

Wichtige Mitstreiter und Unterstützer waren laut von Sivers unter anderem der damalige OB Klaus Rauen und der damalige Uni-Rektor Prof. Gunnar Berg, Peter Sodann, Bernd Göbel und der Mathematiker und Unternehmer Wolfgang Rathgen. Der Sandstein des neuen Denkmals war ein Geschenk von Unternehmer Günther Geußner aus Bayern. Eine kleine Spende der Lotto-Toto-Gesellschaft ermöglichte den Druck eines Heine-Büchleins. Fördermittel wurden laut von Sivers nicht in Anspruch genommen. "Das Denkmal sollte von Bürgern für Bürger geschaffen werden." Am 1. Juni 2002 wurde es öffentlich übergeben.

Zum Schluss zitiert von Sivers aus Dietrich Schuberts Buch "Jetzt wohin?" über verhinderte und errichtete Denkmäler: "Ein Denkmal für Heine zu planen, ist eminent politisch; eines für ihn zu bauen, ist ein Stück politische Kunst."