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Halle Halle: Filiale wird zum Stammsitz

Von PETER GODAZGAR 31.10.2010, 18:20

Halle (Saale)/MZ. - Das Schauspiel wiederholt sich, Schauplatz ist die Große Steinstraße. Regelmäßig bleiben Passanten verwundert vor dem Haus Nummer 79 stehen. Das Schaufenster ist verhängt, die Räume dahinter sind leer. Und Bücherfreunde fragen sich: Hat eine der traditionsreichsten Buchhandlungen der Stadt die Segel gestrichen?

Auf keinen Fall, beruhigt Edmund Baron, Geschäftsführer der "Lippertsche Buchhandlung & Hallesches Antiquariat GmbH". Tatsächlich ist der Standort Große Steinstraße allerdings Geschichte. Die "Lippertsche" ist mit ihrem Stammsitz quasi in die Filiale gezogen, nämlich in die Waisenhausbuchhandlung.

Doch auch dort muss man sich derzeit mit einem Provisorium zufrieden geben, denn die Waisenhausbuchhandlung an der Ecke zum Steinweg wird aufwändig saniert. So ist Edmund Baron dankbar, einstweilen "Unterschlupf" im benachbarten Francke-Wohnhaus gefunden zu haben.

Der Antiquariatsbestand wurde einstweilen in Lagerräume gebracht; das Antiquariatsgeschäft indes läuft reibungslos weiter. Kein Wunder, denn die meisten Käufe werden inzwischen ohnehin übers Internet getätigt; Zieladressen waren sogar schon Orte in Brasilien und Japan. Kunden können sich ein antiquarisches Buch, für das sie sich interessieren, auch in die Waisenhausbuchhandlung schicken lassen, um es in Augenschein zu nehmen, sagt Baron.

Rund 20 Bücher, schätzt der Geschäftsführer, gehen täglich über den virtuellen Ladentisch. Und manchmal muss der Buchhändler selbst staunen: Neulich fand ein Buch seinen Käufer, das seit den 1950er Jahren im Antiquariatsbestand war.

Die Aufgabe des Standorts in der Großen Steinstraße sieht Edmund Baron durchaus mit Wehmut. Gleichwohl habe man schon länger mit dem Gedanken gespielt. Letztlich hätten auch ökonomische Gründe bei der Entscheidung eine Rolle gespielt.

Eine Lippertsche Antiquariatsbuchhandlung gibt es mindestens seit 1799 (das exakte Gründungsjahr ist unbekannt). Zu DDR-Zeiten firmierte das Geschäft als "Hallesches Antiquariat des Volksbuchhandels". 1991 erhielten Edmund Baron und Jörg Hebestedt von der Treuhand den Zuschlag und belebten den traditionsreichen Namen "Lippertsche Buchhandlung" neu.

Den Standort Große Steinstraße gab es immerhin schon seit den 1890er Jahren; die meiste Zeit befand sich die Buchhandlung allerdings im Nachbarhaus 77 / 78.

Auch nach dem Auszug aus der Großen Steinstraße soll der Name nicht verloren gehen. Kommenden Sommer wird die Buchhandlung aus ihrem Ausweichdomizil im Francke-Wohnhaus wieder in die alte Waisenhausbuchhandlung umziehen. Auch dieser Name soll freilich bleiben: "Wir werden einen Weg finden, beiden Namen gerecht zu werden", sagt Edmund Baron.