Halle Halle: Ein Leben nach dem Zirkus
Halle (Saale)/MZ. - Wie lebt es sich ohne den Schutz des Schwarzen Drachens? Das wollte der hallesche Autor, Filmemacher und Musiker Toralf Friesecke von sieben Künstlern aus Halle wissen. Nun meistern sicher viele Menschen ihr Leben, ohne jemals auch nur die Existenz schwarzer Drachen zu erahnen. Doch Friesecke, in der hiesigen Kultur-Szene vor allem durch melancholisches Akkordeonspiel, jazzigen Waschbrett-Rhythmus und seine unverwechselbare Häkelmütze mit Ohrenschutz bekannt, hat nicht beliebigen Künstlern diese Frage gestellt. Der Schwarze Drachen war quasi der Schutzpatron für die Akteure des halleschen Wanderzirkus’ "Kala Shejtan", dem Friesecke im Jahre 2006 ein liebevoll gestaltetes filmisches Porträt widmete - und damit zugleich ein Denkmal setzte.
Nachdem sich der Wanderzirkus aufgelöst und seine Mitglieder sich in alle Winde verstreut haben, ging Friesecke den Lebenswegen der Gaukler und Jongleure, der Musiker und Tänzer mit Kamera und Mikrofon nach. Was tun sie jetzt? Was treibt sie um? Ist es ihnen gelungen, den Traum vom Zirkus weiterzuleben? "Ich wollte zeigen, wie diese Künstler jetzt als Einzelkämpfer klarkommen, welche Ideale sie haben - und auch, womit sie ihr Geld heute verdienen", so der Autor, der das Filmprojekt dank einer Förderung der Kulturstiftung des Landes realisieren konnte.
Friesecke zeichnet in seinem einstündigen Film unter dem Titel "Ohne den Schutz des Schwarzen Drachens" sieben Porträts in malerischen Bildern und Sequenzen, in fantasievollen Kameraschwenks, begleitet von herzergreifender Musik aus Osteuropa. Seine Protagonisten - Puppenspieler Sebastian Günther, Kulturmanager Daniel Zeller, der Jongleur und Gaukler Paul Schlotzhauer, die Musikerin und Grafikerin Catrina Steffen, die Zirkuspädagogen Jürgen Wiehl und Ines Tiller und auch Seiltänzer und Musiker Benjamin Löffler - betrachtet Friesecke als "Freigeister", denen das Streben nach Geld nicht wichtig ist, die aber dennoch von etwas leben müssen. Friesecke weiß, wovon die Porträtierten in seinem Film sprechen - liegt ihm doch deren Lebensart selbst sehr nahe.
Mehrere Monate nahm das Filmprojekt, das in einer Kurzfassung zur Langen Filmnacht vor der Kunststiftung bereits eine Premiere erlebte, in Anspruch. Drei Monate allein begleitete Friesecke jeden einzelnen Künstler im Alltag und zu Auftritten, führte Interviews und Gespräche. "Alle sind noch dran an dem, was sie einst im Zirkusprojekt einte", stellte Filmemacher Friesecke, der sämtliche Szene selbst gedreht, geschnitten und verarbeitet hat , abschließend fest. Der Schwarze Drachen, so könnte man meinen, hält offensichtlich doch immer noch seine Schwingen schützend über die Zirkuskünstler.
Der Film "Ohne den Schutz des Schwarzen Drachens" hat am 16. Januar, 20.15 Uhr, Premiere im Kino Lux.