Nichtraucherschutz Halle als Paradies für Raucher?

Halle - Es qualmt in den Kneipen von Halle: Zehn Jahre nach der Einführung der Nichtraucherschutz-Gesetze setzen Halles Kneiper weiterhin auf das Geschäft mit rauchenden Kunden. Denn, wie unlängst ein Journalist des Spiegels in einem Beitrag über Halles Nachtleben feststellte: „Rauchen? Kein Problem“.
Ganz so ist es aber dann doch nicht: In vielen Kneipen gibt es extra Bereiche oder das Rauchen ist sogar ganz verboten.
In Halle gilt das Gesetz zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2007 (Nichtraucherschutzgesetz).
Rauchen in Gaststätten, Diskotheken und Hotels ist verboten. Abweichend hiervon dürfen in Gaststätten und Hotels Raucherräume eingerichtet werden. Diese müssen abgeschlossen sein, dass eine Gefährdung nichtrauchender Gäste ausgeschlossen wird.
Diskothekenbetreiber dürfen nach den gleichen Maßgaben Raucherräume einrichten, wenn sie Gästen unter 18 Jahren den Zutritt verweigern und in Raucherräumen das Tanzen untersagt ist.
Ausnahme: In inhabergeführten Einraumgaststätten mit maximal 75 Quadratmetern darf geraucht werden, wenn die Gaststätte als Schankwirtschaft betrieben, Personen unter 18 Jahren der Zutritt verwehrt und im Eingangsbereich eine deutliche Kennzeichnung als Rauchergaststätte angebracht ist. (siki)
Hoplriges Geschäft mit selbst auferlegten Rauchverboten
„Mehr als 80 Prozent unserer Gäste raucht“, sagt Steffen Hansen, Geschäftsführer der Connoisseur UG, zu der der Rote Horizont, das Potemkin und das Connoisseur in der Kleinen Ulrichstraße gehören. Wie holprig das Geschäft mit selbst auferlegten Rauchverboten läuft, spürt er in diesen Tagen besonders: Seit dem 1. Dezember gilt im Roten Horizont ein striktes Rauchverbot. „Wir haben das Schritt für Schritt eingeführt“, sagt Hansen.
Anfangs galt das Verbot nur bis 18 Uhr. Im Potemkin und im Connoisseur darf dagegen weiter geraucht werden. „Im Connoisseur haben wir extra einen Nichtraucher-Bereich eingerichtet“, sagt Hansen. Dort wurde sogar für knapp 10.000 Euro eine eigene Toilette installiert. Denn laut Gesetz, muss der Zugang zu den Toiletten erreichbar sein, ohne durch einen Raucher-Raum gehen zu müssen.
Raucher sind im Connoisseur in der Überzahl
Für Nichtraucher Hansen ist die Entscheidung für einen großen Raucher- und einen kleinen Nichtraucherbereich eine rein kaufmännische Entscheidung. „Sollte die Zahl der Nichtraucher steigen, dann kann man auch die Bereiche wechseln“, so der Geschäftsmann. Ein grundsätzliches Verbot sieht er dagegen kritisch. „Dann hätten wir ein Lärmproblem“, vermutet Hansen. Die Raucher würden zwar vor die Tür gehen, sich dort aber sicherlich auch unterhalten - und das sicher nicht besonders leise.
Wackelige Gesetzeslage: Halles Kneiper kämpften gegen Nichtraucher-Gesetz.
Grund für die Besorgnis von Steffen Hansen ist die etwas wackelige Gesetzeslage in Sachsen-Anhalt. Die halleschen Gastwirte hatten im Jahr 2008 vor dem Landesverfassungsgericht Beschwerde gegen das Nichtraucher-Gesetz eingelegt - und gewonnen. Seitdem darf in Sachsen-Anhalts Ein-Raum-Kneipen tatsächlich wieder gequalmt werden. Ob das aber auf ewig so bleiben wird, steht allerdings derzeit auf einem anderen Blatt.
Der Kaffeeschuppen hat schon lange einen extra Raucherbereich.
Im Kaffeeschuppen gleich gegenüber vom Roten Horizont gibt es bereits seit langem einen extra Raucherbereich: Der beschränkt sich auf einen kleinen Raum neben dem Tresen. „Das wird ganz gut von den Gästen angenommen“, sagt Kellnerin Jaqueline Wesenberg.
Seit 25 Jahren arbeitet sie in der traditionsreichen Kneipe in der Kleinen Ulrichstraße. „Wenn es draußen kalt ist, dann stapeln sich die Gäste schon mal in unserem kleinen Raucherbereich“, sagt sie. Aber die meisten würden sowieso zum Rauchen vor die Tür gehen. „Als noch im ganzen Gastraum geraucht wurde, war das schon manchmal für mich als Kellnerin anstrengend“, sagt sie. Das sei nun besser.
Passivrauchen als Berufsrisiko für Kellner
Für Kellner ist das Passivrauchen eine ständige Gefahr. „Schon der Rauch einer einzelnen Zigarette führt dazu, dass die Gesundheit aller im gleichen Raum Befindlichen geschädigt wird“, heißt es in einem Bericht zum Nichtraucherschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt.
Über die Gefahren des Passivrauchens bestehe mittlerweile breiter Konsens, von den Fachgesellschaften der Mediziner über die Weltgesundheitsorganisation (WHO), den Vereinten Nationen bis hin zum Deutschen Krebsforschungszentrum. Im Jahr 2013 starben laut aktuellem Tabakatlas in Deutschland rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.
Stadt Halle: Verstöße gegen Nichtraucherschutz gibt es weiterhin
Die Einhaltung des Nichtraucherschutzes ist in Halle dagegen ein Fall für die Stadt. In Halle sind aktuell rund 930 Gaststättengewerbe angemeldet. Und Verstöße gibt es weiterhin in Halle: Insgesamt 193 Kontrollen gab es allein im Jahr 2016. „Es wurden 13 Bußgeldverfahren eingeleitet. Abmahnungen wurden nicht erteilt“, sagt Tobias Teschner, Leiter des Fachbereiches Sicherheit.
Im Jahr 2015 verhängte die Verwaltung für fünf Verstöße Bußgelder in Höhe von 1.250 Euro. Die Zahlen seien zuletzt gesunken: Im Jahr 2012 waren es noch 25 Verstöße, 6.250 Euro wurden von Wirten eingezogen. „Die Stadt kontrolliert die Einhaltung des Nichtraucherschutzgesetzes regelmäßig“, so Teschner. Aus diesem Grund werden bei der Stadt auch Beschwerden aus der Bevölkerung sehr ernst genommen. „Den Hinweisen wird regelmäßig nachgegangen“, so Teschner.
Warum das Enchilada seit einem Jahr rauchfrei ist.
Im Enchilada am Universitätsring ist man dagegen einen ganz anderen Weg gegangen: „Bereits vor einem Jahr haben wir den Raucherbereich komplett entfernt“, sagt Betriebsleiter Marcel Mundt.
Nachdem das Gesetz nun seit zehn Jahren existiert, hätten sich die Gäste daran gewöhnt, zum Rauchen nach draußen zu gehen. Vor allem zum Essen will heutzutage niemand Zigarettenqualm vom Nachbartisch serviert bekommen.
„Der Nichtraucherbereich ist bei uns immer ausgebucht“, sagt Mandy Taubert, Betriebsleiterin des Diebels in der halleschen Innenstadt. Aus diesem Grund sei man dazu übergegangen, den hinteren Bereich des Restaurants unter der Woche erst ab 14 Uhr und am Wochenende sogar erst ab 17 Uhr zum Rauchen freizugeben.
Taubert ist seit einem dreiviertel Jahr Nichtraucher. Das Diebels aber komplett zur Nichtraucher-Gaststätte zu machen, dass sei noch nicht möglich: „Der Raucherbereich ist immer noch sehr beliebt“, sagt sie. (mz)

