Halle Halle: 365 Nächte ist Halle auf Sendung
Halle (Saale)/MZ. - Stockdunkel liegt der Salzgrafenplatz in der Nacht. Auch im riesigen gläsernen Bauwerk des Mitteldeutschen Rundfunks sind fast überall die Lichter aus. Nur nicht im Foyer und unterm Dach, von dem es wie ein Leuchtturm in die Finsternis strahlt. Und in gewisser Weise stimmt der Vergleich. Dort, im gedämpften Licht des Hörfunkstudios, ist das Rundfunk-Team von MDR-Info zu Hause. Jede Nacht wird von hier aus in das gesamte Bundesgebiet gesendet - 365 Mal im Jahr.
Wer gegen Mitternacht den nur punktuell beleuchteten Raum betritt, spürt eine besondere Energie. Die ist nicht nur den technischen Geräten, die im Studio und in den "Kabuffs" - einer Kommandozentrale gleich - angeordnet sind, zu verdanken. Vielmehr wird die Stille von der absoluten Konzentration der Mitarbeiter beherrscht. Ohne die geht hier gar nichts: Immerhin wird aus diesem Studio, mitten in Halle, die ARD-Infonacht für zehn Bundesländer produziert - live, wenn auch nicht in Farbe, da als Rundfunkprogramm nur für die Ohren gedacht.
Seit April ist die ARD-Infonacht das vierte Gemeinschafts-Nachtprogramm im ARD-Hörfunk, kooperieren die halleschen Radio-Macher mit anderen Sende-Anstalten, die ihrerseits das Programm der Hallenser komplett übernehmen oder zeitversetzt mit eigenen Beiträgen senden. "Wir haben den Zuschlag für die Produktion erhalten", so Jana Hahn nicht ohne Stolz auf ihre hallesche Truppe. Schließlich habe es bundesweit viele andere Bewerber gegeben, "doch wir konnten uns durchsetzen", erzählt die Produktionschefin von MDR-Info fast flüsternd - Ruhe ist oberstes Gebot.
Zwischen 23 und 6 Uhr morgens ist das eingespielte Team am Start und bereitet das weltweite Nachrichtengeschehen während der Nacht journalistisch auf, um es den Hörern "da draußen" live anzubieten. Kurze Sätze, viele Wiederholungen - das sind für die beiden Nachrichtenredakteure die Bausteine für eine gute Hörverständlichkeit, um Informationen zu Papstbesuch und Euro-Krise, Wahlergebnisse und die große Frage nach der Zukunft der FDP verständlich aufzubereiten.
Grit Bobe und Bernd Milde haben in dieser Nacht Dienst - und erhalten sich mit Gummibärchen die gute Laune. "Gegen Morgen wird es schwierig, noch hellwach zu sein", gibt Grit Bobe zu. "So um drei Uhr kommt die große Müdigkeit, da droht der ,tote Punkt'". Doch sie und ihre Kollegen - da sind noch der Redakteur vom Dienst, Moderator, Sprecher, Techniker sowie die Assistentin - sind es gewohnt, nachts fit zu sein. "Kaffee hilft immer", weiß auch Guido Thomaschinski an der Technik. Auch wenn im Studio fast gar nicht gesprochen wird, gibt es hier und da mal einen leisen Scherz. Meist jedoch sind einige der Nachtschichtler, die im Großraum-Büro Dienst schieben, ohnehin unter Kopfhörern versteckt - und damit gar nicht ansprechbar. Absolutes Redeverbot herrscht, wenn Sprecher Björn Sieverding die - übrigens mit dem typischen Händel-Dreiklang eingestimmten - Nachrichten in den Äther schickt. Oder Ina Namislo "Wetter und Verkehr" und einen Falschfahrer durchgibt. Sichtbares Zeichen: Über deren Studiotüren brennt dann die berühmte "Rote Lampe". Dazwischen zeigen mehrere Uhren die Zeiten an. Zeiten? Nun, die Mitteleuropäische Sommerzeit genauso wie die jeweilige Ortszeit, die für die Berichterstattung eine Rolle spielt. "Uhren sind für uns existentiell", sagt Jana Hahn, schließlich müssen die Kollegen auf die Sekunde genau "auf Sendung" sein, werden Auslandskorrespondenten aus aller Welt zugeschaltet. Bis zum Morgengrauen gibt es aus Halles Sendezentrale Berichte und Reportagen zum aktuellen Geschehen. Dazu kommen Experten-Interviews, halbstündlich Nachrichten und alle 15 Minuten werden Wetter- und Verkehrsmeldungen ausgestrahlt. "Alles ist live, nichts aus der Konserve", meint Katrin Simonsen, Redakteurin vom Dienst kurz vor Feierabend. Ein Nickerchen auf dem Parkplatz, verrät sie, ist übrigens ihr Rezept bei Müdigkeit, wenn sie nach Dienstende nach Hause fährt.