Grundsatz der Kostendeckung Grundsatz der Kostendeckung: Darin setzt der neue Chef des WAZV Saalkreis Schwerpunkte

Halle (Saale) - Elf Mitgliedsgemeinden im Saalekreis und im Landkreis Mansfeld-Südharz mit 86.000 Einwohnern: Der Wasser- und Zweckverband (WAZV) Saalkreis gehört zu den größten Verbänden seiner Art in Sachsen-Anhalt. Seit der Gründung am 1. Januar 2013 arbeitet Martin Eisner für das kommunale Unternehmen.
Der 55-Jährige, zuletzt Verwaltungsleiter, ist seit Mai der neue Geschäftsführer im WAZV, der 89 Mitarbeiter beschäftigt. Eisner folgt auf Holger Herrmann, der aus persönlichen Gründen sein Amt aufgegeben hatte. Für die MZ hat Dirk Skrzypczak mit dem neuen Geschäftsführer über Gebühren, die Strategie bei künftigen Investitionen sowie strittige Themen wie die Nutzung privater Zisternen gesprochen.
Herr Eisner, beginnen wir gleich mit der wichtigsten Frage für ihre Kunden: Wie entwickeln sich die Gebühren?
Martin Eisner: Diese Diskussion ist immer wieder interessant. In allen Bereichen gibt es Kostensteigerungen. Dieser Kostendruck geht nicht spurlos an uns vorbei. Durch unseren öffentlich-rechtlichen Status haben unsere Kunden einen Vorteil. Wir müssen nicht Gewinne erwirtschaften. Es gilt der Grundsatz der Kostendeckung.
Aber natürlich müssen auch wir eine gewisse Infrastruktur und Technik vorhalten, ebenso benötigen wir einen vernünftigen Personalstamm. Wir sind gerade dabei, die Kosten für die nächste Periode von 2021 bis 2023 zu kalkulieren. Im Herbst werden die Ergebnisse vorliegen. Ändert sich die Gebühr, egal ob nach oben oder unten, muss das von der Verbandsversammlung beschlossen werden.
Vor fünf Jahren hatte der WAZV die Gebührenstruktur umgestellt. Seitdem zahlen Kunden eine vergleichsweise hohe Grundgebühr, aber dafür weniger für den Mengenverbrauch. Zahlreiche Haushalte finden diese Politik noch immer ungerecht. Wie sehen Sie dieses Modell?
Aus meiner Sicht und mit der Erfahrung seit 2015 war der Schritt richtig. Das alte Gebührenmodell bis 2014 kam kleineren Haushalten zugute, war letztlich für das Gesamtsystem aber schädlich. Trinkwasser soll man vernünftig gebrauchen. Durch unsere Gebührenpolitik ist das Trinkwassernetz gut ausgelastet. Das ist auch für die Abwasserentsorgung von Vorteil, weil wir die Kanäle kaum spülen müssen. Dafür würden wir schließlich auch nur Trinkwasser verwenden.
Der Wasser- und Zweckverband Saalkreis (WAZV) ver- und entsorgt ein Gebiet mit einer Größe von 851 Quadratkilometern. Die Mitgliedsgemeinden befinden sich im alten Saalkreis, in Teilen von Schkopau sowie im Mansfelder Land. Der WAZV betreibt selbst fünf Kläranlagen.
Während der Verband die Schmutzwasserentsorgung komplett alleine managt, wird er beim Trinkwasser von der Firma Eurawasser unterstützt. Das Unternehmen sichert für den Verband die technische Betriebsführung ab, also Bauarbeiten vor Ort, während der WAZV im kaufmännischen Bereich selbst Regie führt und auch alle Investitionen im Trinkwassernetz plant und umsetzt.
Der größte Teil der Mitgliedsgemeinden bezieht sein Trinkwasser übrigens aus der Rappbodetalsperre im Harz. Die Region um Landsberg, Gröbers und Großkugel wird mit Trinkwasser aus der Elbaue beliefert. Sitz des WAZV ist der Gewerbepark in Gutenberg, einem Ortsteil der Gemeinde Petersberg.
Sie sprechen den Trinkwasserverbrauch an. Gehören Ihre Kunden auch zu Sparfüchsen wie in anderen Verbänden, die damit Probleme haben?
Wir registrieren derzeit sogar leicht steigende Verbräuche. Und dennoch spüren auch wir deutliche Unterschiede zu den alten Bundesländern. Dort verbraucht ein Einwohner im Durchschnitt zwischen 130 und 150 Litern pro Tag. Wir liegen bei 85 bis 90 Litern. Und damit können wir zufrieden sein und sind es auch.
Der Verband steht vor großen Herausforderungen. Leitungen sind alt, der Investitionsstau geht in die Millionen Euro. Wie wollen Sie den WAZV zukunftssicher machen?
Indem wir unsere Aufgabenliste kontinuierlich abarbeiten. Unser Abwasserkanalsystem ist über 1.000 Kilometer lang, das Trinkwassernetz 770 Kilometer. Abwasserseitig liegt der Schwerpunkt auf Grundstücken, die erstmalig an die zentrale Kanalisation angeschlossen werden. Das sind Haushalte, die noch eigene Klärgruben oder Sammelgruben betreiben. Der Investitionsbedarf allein für das Netz liegt bei zehn bis 15 Millionen Euro pro Jahr. Beim Trinkwasser sind es etwa drei Millionen Euro, die wir jährlich investieren müssen - vor allem in den Austausch alter Leitungen und alter Hausanschlüsse. Damit werden wir noch Jahre beschäftigt sein.
Wie marode ist denn das Trinkwasserleitungsnetz?
Zum Teil stammen die Leitungen noch aus den 1930er, bestenfalls aus den 70er Jahren. Das sind alte Stahlrohre, die durch Lochfraß porös wie ein Sieb geworden sind und aus denen das Wasser ähnlich wie bei einer Tröpfchenbewässerung austritt und im Boden versickert. Diese Schadstellen zu finden, ist nicht einfach.
Ein Rohrbruch, davon haben wir jährlich etwa 150, ist besser, weil man den Havarieort schnell ausfindig machen und handeln kann. 2015 lag unser Wasserverlust im Leitungsnetz bei 20 Prozent. Momentan reden wir von 16,5 Prozent - bei vergleichbaren Flächenversorgern sind es elf Prozent. Wir haben also noch viel vor. Es hilft nur eine vernünftige Rohrnetzerneuerung. Sonst haben wir langfristig keine Chance, das Problem in den Griff zu bekommen.
Zuletzt hatten Sie für Empörung gesorgt, weil Sie auch jene Hauseigentümer für die Regenentwässerung zur Kasse bitten, die Zisternen betreiben, das Regenwasser also auffangen und zum Gießen nutzen. Ist das nicht ungerecht?
Nein. Tatsächlich wurde der Umgang mit dem Niederschlagswasser in den vergangenen 20 Jahren eher stiefmütterlich behandelt. Es gab keine saubere Differenzierung. Wir haben im Verbandsgebiet Grundstücke, auf denen die privaten Eigentümer von uns verpflichtet worden sind, auf ihre Kosten Zisternen zu bauen, weil die vorhandenen Kanäle bei Starkregen nicht in der Lage sind, das Wasser abzuführen.
Die Aufgabe der Zisternen ist es, das Regenwasser zu speichern und dann innerhalb von 24 Stunden an die Kanäle abzugeben. Und wir haben andererseits Hausbesitzer, die sich Zisternen gebaut haben, um mit dem Regenwasser ihre Grundstücke zu bewässern. Beide aber finanziell gleichzustellen, ist ungerecht. Entlastet werden nur noch jene Grundstücksbesitzer, die eine Zisterne bauen mussten und damit ein Sonderopfer bringen. Das haben wir 2018 durch eine Satzungsänderung klargestellt.
Dennoch sorgen Sie damit oft für Frust bei Betroffenen. Und schon heißt es, früher, also vor der WAZV-Gründung 2013, sei alles besser gewesen. Was sagen Sie den Kritikern?
Das sehe ich anders. Der WAZV hatte sieben Vorgängerstrukturen, die wiederum aus 13 Verbänden entstanden waren. Es ist richtig und sinnvoll gewesen, die Kräfte zu bündeln und Synergieeffekte zu nutzen. Nur dadurch war es uns möglich, ausreichendes Fachpersonal einzustellen und unsere Aufgaben effizient erfüllen zu können.
Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen, auch in den Verbandsversammlungen. Damit habe ich kein Problem. Wichtig ist nur, dass wir am Ende des Tages zu einer vernünftigen Entscheidung im Sinne der Allgemeinheit kommen. Und da müssen Emotionen oder persönliche Befindlichkeiten hinten anstehen. Um es aber gleich zu sagen:
Die Verbandsversammlung ist bislang ein sehr konstruktives Organ gewesen. Die Zusammenarbeit klappt gut, die Debatten sind zumeist konstruktiv. Von der Größe und Leistungsfähigkeit sind wir als Verband gut aufgestellt.
Noch eine Frage zum Schluss: Meteorologen sagen den dritten heißen und vor allem trockenen Sommer voraus. Ist die Trinkwasserversorgung im WAZV-Gebiet in Gefahr?
Bislang haben wir von der Fernwasserversorgung keine Signale erhalten, dass es zu Einschränkungen im Sommer kommen könnte. Nicht ausschließen kann ich, dass in unserem Netz hin und wieder Druckverluste auftreten.
Das ist vor allem dort der Fall, wo mehrere Orte wie an der Perlenschnur an nur einer Wasserleitung hängen. Da kommt ganz hinten weniger an. Deshalb investieren wir in so genannte Vermaschungen, das heißt, dass es mehrere Einspeisemöglichkeiten gibt. Im Landsberger Bereich haben wir damit schon begonnen. (mz)