Graseweghaus in der Großen Klausstraße Graseweghaus in der Großen Klausstraße: Halle hat sein bekanntestes Fachwerkhaus aufpoliert

Halle (Saale)/MZ - Es ist vielleicht das schönste Haus in Halle, mit Sicherheit aber der bedeutendste Fachwerkbau. Nach vielen Jahren des Verfalls gehört das Areal hinter dem Marktschlösschen in der Innenstadt nun wieder zu den Lieblingsplätzen der Hallenser.
Danach hatte es aber lange nicht ausgesehen. Irgendwann hatte das Stadtmarketing Schaufensterpuppen in das windschiefe Haus in der Großen Klausstraße gesetzt: Es war ein Versuch, den miserablen baulichen Zustand des Denkmals wenigstens touristisch zu nutzen. Die Legende, dass während der Pest der hier beginnende Graseweg radikal zugemauert worden sei und seine Bewohner so ihrem Sterben überlassen blieben, bot dafür den gruseligen Hintergrund.
Gruselig blieb bis vor zwei Jahren aber vor allem der Zustand des Baudenkmals. Erst 2012 begann endlich die Sanierung. Dass das Haus am Ende nicht einfach zusammenfallen würde, daran haben viele Hallenser schon nicht mehr geglaubt. Auch Eigentümer Klaus Goldschmidt dürfte mitunter gezweifelt haben: „Ich bin sehr erleichtert, dass es nun doch noch klappt. Eigentlich sollte das Haus ja schon vor zehn Jahren fertig sein“, sagt der heute 64-Jährige. Aber erst jetzt ist die Sanierung beinahe beendet. Ein kleines Ladengeschäft wird gebaut, für das noch Interessenten gesucht werden. In den drei oberen Etagen mit Dachstuhl entstehen Wohnungen.
Der Hallenser Goldschmidt hatte die Klausstraße 3 schon 2001 ersteigert. Doch das Projekt erwies sich als schwierig: Der geringen Nutzfläche stand ein hoher Sanierungsaufwand gegenüber. Mehrere Planer versuchten sich vergeblich an dem bedeutenden, aber immer baufälliger werdenden Denkmal. Bereits 2002 gab es eine Baugenehmigung, die auf dem Abriss der meisten tragenden Holzteile basierte, die sich in schlechtem Zustand befanden, sagt Architekt Hans-Jürgen Münch vom halleschen AIC Planungsbüro. 2009 übernahm er das Denkmalprojekt. „Günstig war, das ein anderer Investor das Nachbarhaus - das Denkmal Graseweg 1 - saniert hatte. Das hat auch der Klausstraße 3 geholfen“, sagt Münch. Auch die Stadt unterstützte mit einer Denkmalförderung seine Rettung.
Allerdings ist die Art der Sanierung umstritten. Denn das Gebäude wurde praktisch komplett abgetragen. Viele Originalteile sind nicht mehr erhalten. Immerhin konnte ein Großteil der 1648 nach einem Brand errichteten Fassade gerettet und wieder aufgerichtet werden. Die alten Balken wurden in Quedlinburg restauriert, um neue Teile ergänzt und später auf einem neuem Erdgeschoss aus Beton wieder aufgebaut. Nur das Fachwerk im ältesten Teil des Hauses, über der Toreinfahrt, wurde vor Ort restauriert. Es stammt aus dem Jahr 1524. Der Dachstuhl ist ein Neubau - die Tragkraft des barocken Daches reichte nicht mehr aus.
Das markante Haus sieht nun ungefähr so aus wie im Jahr 1648. Sogar ein Turm-Dach auf dem Erker wurde wieder aufgebaut. Der Denkmal-Bauforscher und Kunsthistoriker Frank Högg hatte anhand der von ihm untersuchten Balken im Dachstuhl ein um 1870 beseitigtes Türmchen nachweisen können. Im September kann das Fachwerkhaus wohl bezogen werden. Goldschmidt ist froh, dass das Ende aller Mühen abzusehen ist. Seitdem die Gerüste gefallen sind, bestimmt das Fachwerkhaus endlich wieder positiv das Bild des kleinen, stadtgeschichtlich bedeutenden Platzes, an dem immerhin vier Fachwerkhäuser erhalten geblieben sind.


