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Trotz Umzugsverbot vom Land Globus in Halle (Saale): Darum pokert die Baumarktkette mit dem frühzeitigen Abriss

Von Dirk Skrzypczak 27.10.2018, 09:01
Architekt Steffan Itzerott steht im Baumarkt, der abgerissen wird.
Architekt Steffan Itzerott steht im Baumarkt, der abgerissen wird. Silvio Kison

Halle (Saale) - Die schiere Größe des verwaisten Baumarkts in der Dieselstraße überrascht. „Erst jetzt, da das Objekt entkernt worden ist, sieht man die Dimensionen“, sagt Architekt Steffan Itzerott aus Dresden.

Er betreut das Warenhaus Globus mit seinen Umsiedlungsplänen vom Halleschen Einkaufspark (HEP) auf das verlassene Industriegelände vis-à-vis der Energieversorgung EVH. Draußen auf dem 90.000 Quadratmeter großen Freigelände laufen seit August die Abbrucharbeiten an den Gebäuderuinen. Der Baumarkt, 1994 eröffnet und 20 Jahre später geschlossen, soll bis Ende des Jahres von der Bildfläche verschwunden sein. „Und dann hoffen wir, dass wir von der Stadt die Genehmigung für den Neubau erhalten“, sagt Itzerott.

Globus reißt in der Dieselstraße auf gut Glück ab

Noch ist der Ausgang des Verfahrens offen. Die Stadtverwaltung unterstützt die Umzugspläne, Konkurrenten von Globus aber auch das Land Sachsen-Anhalt sind dagegen.

Für die Neuansiedlung von Globus in der Dieselstraße müssten der Flächennutzungsplan geändert und ein vorhabenbezogener B-Plan aufgestellt werden.

Die Stadt arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an einem Abwägungsbeschluss über die eingegangenen Stellungnahmen und will eine Beschlussvorlage für den Stadtrat vorlegen. Das Problem ist das Land Sachsen-Anhalt. Es verbietet den Umzug von Globus, weil er gegen die Ziele des Landesentwicklungsplans verstoßen würde, wie es aus Magdeburg heißt.

Die rechtliche Bewertung dieses Votums durch die Stadt läuft noch. Mit einer Verkaufsfläche von 9.860 Quadratmetern, genutzt von Globus und weiteren Mietern, wäre der neue Standort aus Sicht des Landes so stark, dass es erhebliche Auswirkungen auf andere Versorgungszentren geben würde, sagt ein Gutachten.

Auf einem Nachbarschaftsfest am Samstag, 27. Oktober, will Globus von 10 bis 16 Uhr am alten Baumarkt in der Dieselstraße mit Anwohnern ins Gespräch kommen.

„Das hohe wirtschaftliche Risiko, dass wir mit den Abrissarbeiten eingehen, ist uns allen durchaus bewusst“, meint René Klauer, Geschäftsleiter von Globus in Bruckdorf. „Doch wir sind zuversichtlich, das Gelände in der Dieselstraße als unseren neuen Standort aufbauen zu können“, schiebt der Manager hinterher.

Globus pokert mit dem Abriss in der Dieselstraße hoch

Eine Million Euro nimmt Globus nach eigenen Angaben alleine für die Abbruch- und Sanierungsarbeiten in die Hand und pokert damit hoch. 150.000 Kubikmeter bebauter Raum werden bewegt. 37.000 Kubikmeter an Fundamenten und anderen unterirdischen Bauten müssen zertrümmert werden. „Zum Teil können wir das zerkleinerte Material verwenden, um die Bodenplatte für den geplanten Einkaufsmarkt zu unterfüttern“, erzählt Itzerott.

Ein Großteil des Schutts sowie belastetes Material, darunter Asbest, müssen fachgerecht entsorgt werden. „Im Viertel verschwindet eine hässliche Brachfläche“, erklärt Enrico Wilde, Regionalleiter für die Standortplanung bei Globus.

Diebstähle und illegaler Müll auf der Baustelle

Sorgen bereiten indes die Diebstähle auf der Baustelle. Vor allem Metall steht bei den Langfingern hoch im Kurs. Hinzu kommen Zeitgenossen, die hier Müll illegal entsorgen. Beide Widrigkeiten sind für Bauherren und die Baufirma ein Ärgernis.

Ihren Namen verdankt die Dieselstraße einem mächtigen Tanklager, das 1923 durch die Minol hier gebaut und bis 1994 auch betrieben wurde. Auf dem Areal befanden sich zudem Verwaltungs- und Lagergebäude der Maschinenbautechnik Halle sowie der Kraftwerks- und Anlagenbau AG. Mitte der 1990er Jahre zogen die Firmen aus.

Über Jahrzehnte waren Treibstoffe und Öle in das Erdreich gesickert

Danach wurden die Liegenschaften unter anderem von Autohändlern genutzt. Seit Jahren ist das Gelände allerdings nun schon leer. „1998 wurden die Tankanlagen zurückgebaut. Auf der Fläche, etwa 12.700 Quadratmeter groß, läuft noch heute die Altlastensanierung“, sagt Architekt Itzerott. Jahrzehnte waren Treibstoffe und Öle in das Erdreich gesickert. Nach wie vor muss das Grundwasser gereinigt werden, überwacht vom Umweltamt der Stadt. Das einstige Tanklager-Gelände ist jetzt übrigens zur Heimat von Zauneidechsen geworden, die umgesiedelt werden mussten. „Dass das Areal so verwildert, ist übrigens gewollt“, sagt Itzerott.

Das Einkaufscenter, das Globus für rund 40 Millionen Euro an der Dieselstraße errichten will, soll 160 Meter lang und 100 Meter breit werden. Die Parkplätze sollen sich in U-Form um den Flachbau anordnen. 350 Frauen und Männer könnten hier arbeiten. Geht es nach Globus, soll der Markt 2020 fertig sein. Die Abbrucharbeiten sind auch das Signal an die Politik, dass das Unternehmen an seine Chance glaubt. (mz)

Die alten Gebäude auf dem Freigelände wurden bereits abgerissen.
Die alten Gebäude auf dem Freigelände wurden bereits abgerissen.
Silvio Kison