1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Gestiegene Bodenpreise bei der BVVG: Gestiegene Bodenpreise bei der BVVG: Landwirte haben Angst vor dem Ruin

Gestiegene Bodenpreise bei der BVVG Gestiegene Bodenpreise bei der BVVG: Landwirte haben Angst vor dem Ruin

Von Michael Bertram 26.05.2015, 11:14
Landwirt Sandro Drexler aus Braunsbedra auf dem Traktor.
Landwirt Sandro Drexler aus Braunsbedra auf dem Traktor. Peter Wölk Lizenz

Braunsbedra/Merseburg - Mit seinem kleinen roten Traktor tuckert der Braunsbedraer Landwirt Sandro Drexler über den Acker. Wie lange er sich aber auf einem Teil der Felder in Neumark-Nord noch um Kartoffeln, Getreide und Raps kümmern wird, ist offen. Denn die zu bewirtschaftende Fläche wird zunehmend kleiner, weil Drexler die immer weiter in die Höhe schnellenden Pachtpreise nicht mehr zahlen kann - und will.

378 Hektar Ackerland gehören der BVVG

Die Ursache: Auch 25 Jahre nach der Wende gehört noch gut die Hälfte der 378 Hektar Ackerland der Treuhandgesellschaft BVVG. Die Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft versteigert die Flächen - allerdings zu Höchstpreisen. Die haben inzwischen ein Niveau erreicht, bei dem viele Landwirte nicht mehr mithalten können und so Ackerland verlieren. „So alt kann ich gar nicht werden, bis ich das Geld wieder erwirtschaftet habe“, erklärt Drexler seinen Frust über das Vorgehen der BVVG. In den nächsten Jahren will er sich deshalb von sämtlichen BVVG-Flächen trennen.

Seit 1991 bewirtschaftet seine Familie in Neumark-Nord Ackerland. Und schon Mitte der 90er fühlte sich die Familie genötigt, weil sie nur dann einen Pachtvertrag erhalten sollte, wenn sie sämtliche Ställe des einstigen VEG Blösien kauft. Aufgrund ihres Zustands waren die Gebäude schon damals nicht nutzbar. Bis heute wurde kaum investiert, weil das Geld dafür fehlt. Vor allem seit 2006 hätten dann die Pachtpreise kräftig angezogen. „Weil sich die BVVG bei den Preisen selbst im Fall von Bestandspächtern stets an den aktuellen Ausschreibungsergebnissen orientiert“, erklärt der Landwirt.

In den vergangenen drei Jahren habe er aufgrund der Preissteigerungen bereits 45 Hektar an BVVG-Flächen freigegeben. Weitere 49 Hektar gingen an Alteigentümer, die zum Teil Drexler das Land ebenfalls zu Höchstpreisen angeboten hätten. „Bei weiteren 20 Hektar ist offen, was damit passiert.“

20 Prozent gestiegene Bodenpreise

Nicht nur Sandro Drexler klagt unterdessen über die Preistreiberei: Im ganzen Land sind Dutzende Betriebe von den seit 2013 um rund 20 Prozent gestiegenen Bodenpreisen betroffen. „Fast jeder Landwirt im Saalekreis hat noch BVVG-Flächen“, ist sich der Geschäftsführer des Bauernverbands „Saaletal“, Uwe Fischer, sicher. „Über Klauseln in den Verträgen wurde eine Pachtpreisanpassung mit den Landwirten vereinbart“, erklärt der Experte das System. Mit jedem neuen Höchstgebot, verteuere sich für den einzelnen Landwirt jede neue Pacht. „Und wenn ich dann jede Fläche noch wie Sauerbier anpreise, findet sich immer ein Käufer, der bereit ist, viel Geld zu zahlen“, kritisiert Fischer die BVVG. Ein Vorkaufsrecht für die Bauern gebe es nicht.

"Erträglichere Privatisierungspraxis"

Wirklich etwas ändern kann an der Praxis niemand. Das Land hatte es kurzzeitig versucht, wollte die Flächen von der BVVG übernehmen. Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken wurden die Verhandlungen darüber aber abgebrochen, allerdings nicht ohne Zugeständnisse. Wie das Agrarministerium mitteilt, hat sich die BVVG verpflichtet, die Losgrößen von bislang 25 auf 15 Hektar zu verkleinern, was Großinvestoren abschrecken soll. „Mit diesem Teilerfolg hat sich der jahrelange Einsatz des Landes für eine für Landwirte erträglichere Privatisierungspraxis gelohnt“, meint Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU).

Für Sandro Drexler kommt das alles zu spät. Er hat sich entschieden: „Ich will das alles nicht mehr mitmachen“, sagt er. In wenigen Jahren will er dank Kündigungsrecht alle BVVG-Flächen freigeben und die Produkte, die auf der übrigen Fläche wachsen, direkt vermarkten. (mz)