Lange versteckt: Geschlechtsumwandlung: Wie der transexuelle Patrick aus Halle zur Frau wurde

Halle (Saale) - Wenn Patricia Wiechmann von „früher“ erzählt, dann lacht sie meist. „Es war eine sehr schöne Zeit, ich habe sie mit all ihren Facetten genossen“, erzählt die 27-Jährige und geht sich dabei mit ihrer Hand durch das lange Haar. „Früher“, das war die Zeit, als Patricia noch Patrick hieß und als junger Mann durch das Leben ging. Viel Sport habe er damals getrieben, habe auf vielen Partys gefeiert und sei durch falsche Freunde auch mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Ein normaler junger Mann war Patrick Wiechmann nie. „Ich habe mich viele Jahre in mir selbst versteckt“, sagt Patricia Wiechmann heute. Er habe schon in der Kindheit gewusst, dass etwas nicht stimmte. Bis er sich aber als transsexuell outete, ist sehr viel Zeit vergangen: Im Herbst 2016 informierte er sein Umfeld und auch die damalige Partnerin.

Patricia Wiechmann stammt gebürtig aus Bad Frankenhausen (Kyffhäuser). Zunächst habe er heimlich Frauenkleidung getragen. Manchmal ist er etwa alleine nach Hannover, Berlin oder München gefahren. „Das waren immer besondere Tage, weil ich dann ich sein konnte“, sagt die 27-Jährige heute. Für viel Geld habe er dann Bekleidung und Kosmetik gekauft. „In öffentlichen Toiletten habe ich mich dann zurecht gemacht“, erinnert sie sich. Dann sei er raus und sei glücklich gewesen, weil er sich in der Öffentlichkeit dann so zeigen konnte, wie er sich fühlte: als Frau.

„Schlimm war es, als ich dann wieder zurück nach Halle gefahren bin. Ich habe dann alles, was ich gekauft habe, vor Ort wieder weggeworfen, damit keiner erfährt, dass ich mich verwandelt hatte“, so Wiechmann. Die Rückfahrt war meist mit Depressionen verbunden. Oft hat er sich dann die Selbstporträts angesehen, die er zuvor bei seinem Städtetrip mit dem Smartphone gemacht hatte.

„Die Fotos hatte ich alle in einem gesonderten Ordner auf meinem Handy gespeichert und mit einem Passwort versehen - niemand sollte diese Bilder entdecken“, sagt Patricia Wiechmann. Anfeindungen war sie nach eigenen Angaben nie ausgesetzt. „Einmal gab es einen dummen Spruch, den habe ich dann aber gut gekontert“, so die Hallenserin.

Der Druck der Geheimhaltung wurde im Herbst 2016 dann so groß, dass er sich outete. „Ich war damals in einer Beziehung mit einer bildhübschen Frau, aber ich konnte mich nicht mehr verstecken“, so Wiechmann. Seine damalige Freundin wollte ihm zuerst nicht glauben, weshalb sich Patrick ihr unvermittelt als Frau präsentierte. Die Beziehung zerbrach.

Was im Nachhinein auch richtig so war, resümiert die 27-Jährige. Die junge Frau ist arbeitslos und sucht eine Anstellung im Logistikbereich. „Ich war nach dem Outing zu sehr mit mir selber beschäftigt“, gibt sie zu.

Vor einem Jahr - am 17. Januar 2018 - veränderte sich das Leben der jungen Frau komplett. Nach Jahren des bürokratischen Aufwandes erhielt sie vom Amtsgericht Halle die Bestätigung, dass sie offiziell als Frau leben kann. Der Vorname und auch die Geschlechtszuordnung wurden geändert. Der Entscheidung gingen diverse Gutachten voraus, darunter auch eine Hormontherapie.

Am Tag ihres 27. Geburtstages, am 9. August 2018, folgte in einer Fachklinik in München eine geschlechtsangleichende Operation. „Das war mein allergrößtes Geburtstagsgeschenk“, sagt sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Bislang habe die Umwandlung mehr als 150.000 Euro gekostet - ihre Krankenkasse kommt für die Kosten auf.

„Am 31. Januar steht die nächste Operation an - eine Korrektur-OP“, so Wiechmann. Dann ist Patrick endgültig Patricia. (mz)