Geschichte Geschichte: Wer ist der wahre kleine Trompeter?
Halle (Saale) - In der DDR kannte tatsächlich jedes Kind das Lied vom kleinen Trompeter: Durch eine „feindliche Kugel“, als man so „fröhlich beisammen“ saß und ebenso fröhlichen „Freiheitsliedern“ lauschte, wurde das „lustig Rotgardistenblut“ niedergestreckt und „fiel“ - auch noch mit einem „seligen Lächeln“. Dieser kleine Trompeter war der Hallenser Fritz Weineck - dies stand nicht nur für jene Pioniere fest, die in der DDR dieses Lied immer wieder singen mussten. Doch diese Gewissheit trifft nicht ganz zu: Der Text des „Trompeterliedes“ ist nämlich viel älter. Das hat jetzt die Leipziger Volkszeitung berichtet. Er entstand demnach bereits 1914.
Original aus dem ersten Weltkrieg
Das Original beschrieb den Heldentod eines Frontsoldaten. Im August 1915, an den Fronten des Ersten Weltkrieges war das Sterben in vollem Gang, erschien in den Leipziger Neuesten Nachrichten das Lied „Der kleine Trompeter“ - mit Noten. Die Kommunistische Partei hatte 1925 dieses Soldatenlied einfach auf den halleschen Kommunisten Fritz Weineck umgemünzt und dafür den Text im Grunde nur leicht verändert. Aus dem „Husarenblut“ des Originals wurde in der Kopie „Rotgardistenblut“, „Heimatlieder“ geriet zu „Freiheitslieder“.
Die KPD nutzte den alten Text, um an ein Blutbad im halleschen Volkspark im März 1925 zu erinnern. Vor fast genau 90 Jahren wurden im Veranstaltungshaus an der heutigen Burgstraße bei der gewalttätigen Auflösung einer KPD-Massenkundgebung zehn Teilnehmer von der Polizei erschossen. Unter den Opfern war auch Fritz Weineck, der 27-jährige Hornist im Spielmannszug des Roten Frontkämpferbundes, einer paramilitärischen KPD-Organisation.
Der kleine Trompeter Fritz Weineck hatte also einen Vorgänger. Armin Görtz, Journalist der Leipziger Volkszeitung, hat die wenig bekannte Entstehungsgeschichte des „Trompeterliedes“ nun weiter recherchiert. Schon seit Jahren beschäftigt sich der Hallenser mit dem DDR-Mythos Fritz Weineck. „Ursprünglich wollte ich einen Artikel über Weineck schreiben, aber dann bin ich darauf gestoßen, dass das Lied eigentlich aus Leipzig stammt“, sagt er.
Die Spur führt nach Frankreich
Und Journalist Görtz hat sogar herausgefunden, wer der Original-Trompeter war. Denn der Autor Victor Gurski hatte vor 101 Jahren seinem etwas schwülstigen Gedicht zwei Angaben beigestellt: „November 1914“ und „St. Souplet“, ein französisches Dorf. Görtz fand heraus, dass dort zum jenem Zeitpunkt ein Bataillon kämpfte, aus dem 19 Männer starben. Und darunter war ein einziger „Signalgeber“. Die Aufgabe dieses Bataillonstambours war es, durch Hornsignale Befehle weiterzugeben. Sein Name: Karl Gustav Ulbach aus Plauen in Sachsen. 29-jährig starb er am 23. November 1914 durch einen Schrapnellschuss. Nach Auskunft der Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist er in einem Massengrab bei St.Souplet bestattet - gemeinsam mit 17 721 Kameraden. (mz)