Germanwings-Absturz Germanwings-Opfer aus Halle: Vater von Verunglückter Künstlerin bei SWR-"Nachtcafé
Halle (Saale) - Die Tragödie hat sein Leben komplett umgekrempelt. „Die Trauer kann ich nicht überwinden“, sagt Frank Noack noch heute. Vor fast zwei Jahren starb seine Tochter Juliane, als ein Pilot eine Germanwings-Maschine in den französischen Alpen zum Absturz brachte. 150 Menschen riss er mit in den Tod.
Die Hallenserin hatte noch viel vor im Leben. Nach ihrem Abschluss an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein hatte sie sich als Schmuckdesignerin selbstständig gemacht, erwartete gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten David Nowak ein Kind. Frank Noack und seine Frau verloren am Tag des Absturzes zwei Leben.
Germanwings-Absturz: Vater von tödlich verunglückter Künstlerin aus Halle spricht im SWR-„Nachtcafé“ über den Verlust
Am Freitagabend sprach der Bauunternehmer aus Fienstedt im Saalekreis zum ersten Mal im deutschen Fernsehen über seinen Verlust. In der Talkshow „Nachtcafé” des Südwestrundfunk (SWR) um 22 Uhr lud Moderator Michael Steinbrecher zur Diskussion über den plötzlichen Abschied geliebter Menschen und die Trauerarbeit nach dem Tod. Neben Noack kommen weitere Gäste, die ähnliches durchlebt haben, zu Wort. Die Eltern von Ilona Krömer begingen im Abstand von nur vier Tagen unerwartet Selbstmord, Stefan Krauth verlor zunächst seinen Frau und dann den gemeinsamen Sohn an einen Hirntumor.
Noack will den Tod seiner Tochter nicht als Unglück verstanden wissen. “Ich wähle das harte Wort Massenmord”, sagt er. Den Schmerz und die Wut über das, was seiner Tochter widerfahren ist, trägt er noch immer mit sich. Warum will niemand die psychische Krankheit des Piloten bemerkt haben? Warum wurde bis heute niemand zur Verwantwortung gezogen? Fragen, die Frank Noack immer wieder durch den Kopf gehen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat die Ermittlungen längst eingestellt, Noacks Wut aber ist noch immer da.
Viele Menschen empfinden beim Tod eines Menschen Wut, erklärt Psychologin Rita Rosner
“Sehr viele Angehörige empfinden Wut nach dem Verlust eines geliebten Menschen”, erklärt die Psychologin Rita Rosner, ebenfalls Gast der Runde. Dieses Gefühl müsse nicht rational sein, es könne jedoch auch bei der Trauerarbeit helfen. Den richtigen oder falschen Weg zu trauern gebe es nicht: Nicht jeder Mensch erlebt das Abschiednehmen in gleicher Weise und schon gar nicht nach dem gleichen Zeitplan, so die Trauerforscherin. Bei Frank Noack und seiner Frau dauert die Trauerarbeit weiter an.
“Wir waren - so simpel, wie es klingt - glücklich und zufrieden”, erzählt Noack von dem Leben vor dem Absturz. Juliane hatte 2012 ihr Diplom als Schmuck- und Metallgestalterin absolviert, sich eine eigene Werkstatt in Leipzig aufgebaut. Die junge Frau war ins spanische Valencia geflogen, um Energie zu tanken, Freunde zu besuchen. Noch vor ihrem Rückflug hatte sie sich mit ihren Eltern zum Abendessen verbredet. Frank Noack erinnert sich noch heute an ihre letzten Worte: “Aber nicht so spät. 19 Uhr sollte reichen, ich bin ja schließlich auch nicht mehr die Jüngste”, witzelte die 30-Jährige.
Germanwings-Absturz in den Alpen: Wie Franck Noack vom Tod seiner Tochter Juliane erfuhr
Als Frank Noack im Radio vom Flugzeugabsturz in den französischen Alpen erfuhr, kam ihm noch nicht der Gedanke, dass auch seiner Tochter in der Maschine gesessen haben könnte. “Ich habe nur gedacht, die armen Schweine”, erzählt er in der Sendung.
Auf dem Weg ins Büro ruft ihn seine Frau an, bittet ihn mit tonloser Stimme, sie anzurufen, sobald er zu Hause sei.
Noack fährt nach Hause, schaltet den Fernsehr an, sieht die Grafik des abstürzenden Flugzeugs im Fernsehen. Die Bilder hat er beim Gespräch mit seiner Frau noch im Kopf. “Juliane saß mit im Flugzeug, sie ist warscheinlich tot“, sagt sie. Von seiner Seite kommt nur: “Ich weiß.”
Dann funktioniert er nur noch: Er fährt zu seiner Frau nach Halle, sagt unterwegs noch einen Gerichtstermin ab. Der Mensch denkt auch in Momenten des Schocks noch erschreckend logisch. Endlich gemeinsam zu Hause, starren die beiden nur noch die Wand an. “Meine Frau hat es bis heute nicht verkraftet”, sagt Noack.
So gehen Frank Noack und seine Frau nach der Germanwings-Katastrophe mit dem Verlust um
Und doch hat ihm und seiner Frau zumindest der Zusammenhalt mit der Familie und anderen Angehörigen der Germanwings-Opfer Kraft gegeben. Dazu, irgendwie weiter zu machen. Am Anfang nur stumm, ohne Worte. “Wir haben uns nur in die Augen gesehen, nicht geredet”, erzählt Noack in der Sendung von den ersten Zusammentreffen mit anderen Angehörigen. Noch heute tauscht sich das Ehepaar mit einzelnen von ihnen aus, trifft sich mit ihnen zum zweiten Todestag. 500 Menschen werden da sein, sagt er.
Gemeinsam mit Familienangehörigen und Freunden von Juliane rief er Ende 2015 die „Juliane Noack Stiftung“ ins Leben, die jungen Künstlern unter die Arme greift. Trotz des Trosts, den er und seine Frau so finden - für Frank Noack hat der Absturz fast alles verändert, sagt er. Ein normales Leben ist auch zwei Jahre danach für ihn nicht vorstellbar. “Wir sind immer noch auf dem Weg, dass es wieder besser funktioniert.“ (mz)