Gemeinnützige Arbeitsstunden Gemeinnützige Arbeitsstunden: Verurteilte müssen auf Einsatz warten
Halle/MZ. - Rund 125 000 Stunden gemeinnütziger Arbeit vermittelte der Soziale Dienst im Jahr 2002. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl um gut zehn Prozent an. Doch gleichzeitig brechen die Möglichkeiten gemeinnütziger Vereine oder Einrichtungen weg. "Wegen finanziellen Kürzungen und struktureller Probleme fehlt den Vereinen das Personal", so Hanel. Doch das ist dringend nötig, da die Arbeitsstunden nicht einfach nur abgeleistet werden, sondern auch fachlich überwacht und beaufsichtigt werden müssen. Denn gemeinnützige Arbeit ist nicht nur Laub kehren. Vielmehr werden die ständig rund 70 Straffälligen nach Fähigkeiten eingesetzt. Neben Maurern, Bürokaufleuten oder anderen Facharbeitern sind beispielsweise auch schon Behinderte zu Arbeitsstunden verurteilt worden. Ein zusätzliches Problem ist, dass auch die Stadt Halle immer häufiger Leistungen auslagert oder als "Hilfe zur Arbeit" an Sozialhilfeempfänger vergibt.
Vor diesem Hintergrund sieht Fabian Herbert, stellvertretender Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Bewährungshelfer in Sachsen-Anhalt, trotz prinzipieller Zustimmung mit gemischten Gefühlen einer geplanten Justizreform entgegen. Danach sollen zukünftig Arbeitsstunden als eigenständige Strafe - statt beispielsweise einer Haftstrafe - eingerichtet werden. "Die Gesellschaft steht Straffälligen, die zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt werden, zwiespältig gegenüber", so Herbert.
Bereits vor einem Jahr machten Hanel und Herbert auf das Kapazitäten-Problem aufmerksam. Doch außer einem Gespräch zwischen Vertretern und Ämtern der Stadt, der Jugendgerichtshilfe, Vereinen und dem Sozialen Dienst sei nichts passiert. Hanels Vorschlag, eine Koordinationsstelle für die Verteilung gemeinnütziger Arbeit der Stadt einzurichten, liegt seitdem auf Eis. "Die Bürokratie macht da nicht mit", ärgert sich Hanel.
Doch das sieht die Verwaltung anders. "Der Eigenbetrieb der Stadt hat zwei Mitarbeiter, die auch gemeinnützige Arbeitsstunden koordinieren", betont Jugendamtsleiter Lothar Rochau. Auch er bestätigt: "Der Bedarf an Arbeitsstunden übersteigt das Angebot bei weitem - sowohl im Bereich der Jugendgerichtshilfe als auch für Erwachsene." Deshalb wolle er noch einmal den Eigenbetrieb, den Sozialen Dienst und die Jugendgerichtshilfe an einen Tisch holen.
Um die Sache voran zu bringen, gründete Holger Hanel mit Kollegen und Interessierten den Verein "Freie Straffälligenhilfe". Neben Hilfe zur Koordinierung will sich der Verein für die Resozialisierung Straffälliger engagieren. "Es gibt eine Hürde zwischen draußen und drinnen", weiß Gefängnisseelsorgerin Hanna Haupt, die zu den Gründungsmitgliedern gehört. Der Verein könne auch eine Anlaufstelle für Straffällige werden: "Denn das können Bewährungshilfe und Sozialer Dienst der Justiz nicht ohne Ehrenamtliche leisten", so Haupt.