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Gefährlicher Job in Halle Gefährlicher Job in Halle: Auf Messers Schneide

Von Oliver Müller-Lorey 04.04.2016, 08:29
Jens Kohlberg bekommt fast alles wieder scharf.
Jens Kohlberg bekommt fast alles wieder scharf. Günter Bauer

Halle (Saale) - Jens Kohlberg kriegt so ziemlich alles wieder scharf. Versteckt in einem Hof in der Großen Ulrichstraße betreibt er eine Schleiferei. Nicht irgendeine, sondern eine der ältesten in Halle. Die „Schleiferei Krüger“ wird in diesen Tagen 70 Jahre alt. Generationen von Hallensern haben hierhin ihre Rasierklingen, Küchenmesser und Scheren gebracht, um sie wieder scharf machen zu lassen.

Nicht nur die Schleiferei ist alt, sondern auch das Haus, das unter Denkmalschutz steht. In der kleinen Kammer, in der sich zwei Personen aneinander vorbeizwängen müssen, dreht sich die Schleifmaschine lautlos im Kreis – seit Jahrzehnten. Ein Elektromotor treibt die Welle an, die die Kraft mit Lederriemen auf Schleifsteine und Polierscheiben überträgt. „Sie ist noch jeden Tag in Benutzung. Und früher haben die Schleifer sogar am Wochenende gearbeitet“, sagt Jens Kohlberg, der Inhaber, der eigentlich gelernter Mechaniker ist. Die Zeiten, in denen die Schleifer auch am Wochenende gearbeitet haben, sind freilich vorbei. Aber gebraucht wird der 52-Jährige immer noch. „Zu mir kommen Schuhmacher, Buchbinder, Frisöre, Betreiber von Gaststätten, Pflegeheimen und Kaufhallen. Und natürlich Privatleute“, sagt er. Das Handwerk habe sich seit Jahrzehnten nicht verändert. Klingen schleifen zu lassen oder neu zu kaufen, sei eine Frage des Geldes – und der Qualität.

Mund-zu-Mund-Propaganda

Mit der seien die meisten Kunden sehr zufrieden. „Ich lebe von Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt er. Einmal habe sich ein Koch beim Auspacken seiner frisch geschliffenen Messer so sehr geschnitten, dass er im Krankenhaus genäht werden musste. Der Chirurg habe ihn gefragt, wo er denn so dermaßen scharfes Schneidbesteck herhabe. „Natürlich will ich nicht, dass sich jemand an den Messern, die ich schleife schneidet“, sagt Kohlberg.

Schon als Schulkind schaute er immer wieder in der Werkstatt vorbei. Damals leitete sie noch Max Krüger – ihr Namensgeber. Von dem Handwerk war Kohlberg fasziniert und als Schüler verdiente er sich hier hin und wieder ein paar Pfennige mit leichter Arbeit dazu. Bis er bei Meister Krüger in die Lehre ging, war es nur eine Frage der Zeit. 1993 übernahm Kohlberg die Schleiferei dann.

Viele seiner Kunden hängen an ihren Stücken, die sie zu ihm bringen. So werden Erbstücke und jahrhundertealte Werkzeuge wieder fit und benutzbar. Ein Objekt ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: Eine Schere, die mehr als 40 Jahr auf einem Friedhof im Dreck gelegen hatte. Jemand hatte sie dort wohl als Gartenschere benutzt. Selbst nach so langer Zeit habe er sie wieder scharf bekommen.

Für den Privatgebrauch hat Kohlberg einige Tipps. Der wichtigste: Gute Messer müssen nicht Hunderte Euro kosten. „Es gibt auch günstige gute Messer.“ Der Hype um japanische und chinesische Messer sei ein Trend, der auch wieder abebben könne. Wie viele Messer man zu Hause brauche, das hänge von den persönlichen Vorlieben ab. „Das kann man nicht so pauschal beantworten“, meint Kohlberg. Er selbst hat zu Hause einige Markenmesser - aber nichts überaus Teures. (mz)