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Fritz Möller Fritz Möller: Gehobener Sinn für Skurrilität

19.12.2001, 20:10

Halle/MZ/svo. - Er hatte vor 100 Jahren das größte Fotoatelier Deutschlands: der hallesche Fotograf Fritz Möller (1860 bis 1923). Vor zwei Jahren wurde er von Halle-Liebhabern wiederentdeckt. Moritz Götze, Hanns-Henning Grote und Thomas Steuber gaben 1999 den Foto-Band "Halle um die Jahrhundertwende" heraus.

Jetzt wurde im Marktschlösschen das zweite Buch der drei Herausgeber vorgestellt: "Die Selbstinszenierungen des Fotografen Fritz Möller". Hinter diesem etwas trockenen Titel verbirgt sich eine Sammlung von über 200 Porträtfotos, so genannten mimischen Studien: Gefühle, Eigenschaften, Leidenschaften, Berufsbilder, die vier Temperamente - Möller hat buchstäblich die ganze Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten des Gesichts fotografisch festgehalten.

Zwei große Porträts des Fotografen, eins mit Bart, eins ohne, dokumentieren das Besondere der Sammlung: Er war sein eigenes Modell. Der damals zu einem kompletten Mann gehörende Bart musste ab, damit die Mundpartie besser zu sehen ist. In Möllers Biografie ist zu lesen, dass seine heimliche Leidenschaft die Schauspielerei war. Nach seinem Arbeitspensum als Auftragsfotograf, als der er Porträts von Einzelpersonen, Familien und Vereinen fertigte, schloss er sich in seinem Atelier ein und übte vor dem Spiegel die verschiedenen Haltungen, Grimassen und Verkleidungen.

Rüdiger Giebler nahm in seiner Rede zur Buchpremiere genau dieses Bild auf und malte es zur Freude des Publikums aus: "Ein feines Vergnügen, sich Möller bei seinen den Fotografien vorausgehenden Übungen vorzustellen, während seine Gattin zu den Kindern sagt: "Psst, Papa muss arbeiten."

Diese Studien, in denen "Kunst, Wissenschaft und Exhibitionismus vereint sind", wurden mehrfach ausgezeichnet, so 1900 auf der Weltausstellung in Paris. Nach einem langen Dornröschenschlaf im Familienarchiv der Nachkommen des Fotografen sind sie nun in diesem Buch der Öffentlichkeit zugänglich - als Dokument der Fotogeschichte und der Regionalgeschichte. Für Theaterinteressierte und - so Giebler - Leute mit "gehobenem Sinn für Skurrilität".

Das Buch ist in einigen halleschen Buchhandlungen erhältlich. Preis: 38 Mark.