Frauenpower in der Klinik Frauenpower in der Klinik: Drei Führungskräfte über Vernetzung, Erfolg und Männer

Halle (Saale) - Geballte Frauenpower am Diakoniekrankenhaus: Seit 1. Januar stehen hier erstmals drei Frauen an der Spitze: die kaufmännische Leiterin Elke Hirsch, Pflegedienstleiterin Simone Münz und Chefärztin Kathrin Ruschke als ärztliche Direktorin. Zum Frauentag hat MZ-Redakteurin Silvia Zöller mit ihnen über die Vor - und Nachteile von beruflichem Erfolg, über die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und Erfolgsrezepte gesprochen.
Läuft es jetzt am Diakoniekrankenhaus anders mit einer Frauenriege an der Spitze?
Simone Münz: Auch wenn wir erst acht Wochen nach dem Ausscheiden des bisherigen ärztlichen Direktors Olaf Fischbeck aus diesem Amt in dieser Konstellation zusammenarbeiten: Frauen führen anders. Wir sind selbstreflektierter, da weibliche Führung nicht historisch gewachsen ist. Sie ist empathischer. Für mich ist es wichtig, zu fragen: Wo stehe ich? Aber es gibt auch tolle Männer, die das so machen.
Kathrin Ruschke: Ich denke, dass Frauen, die eine Familie managen, auch in einem Unternehmen gute Manager sind. Frauen sind weniger auf Probleme fokussiert, dafür lösungsorientierter.
Elke Hirsch: Als Kauffrau komme ich aus einer Männerwelt, in der man sich erst einmal durchsetzen muss. Trotzdem hat mir der Mix von Männern und Frauen immer Freude bereitet, weil man dabei als Frau gut dazu beitragen kann, dass man in Diskussionen wieder aufeinander zukommt. Hier im Diakoniewerk habe ich tatsächlich eine Tradition gebrochen und bin die erste kaufmännische Vorständin. Die Leitung war immer männlich. Nun ist sie nach über 160 Jahren weiblich. Deutschlandweit gibt es immer noch mehr Chefärzte als Chefärztinnen. Aber: Unter den acht Chefärzten hier am Diakoniekrankenhaus sind drei Frauen. Das ist ein guter Schnitt.
Warum sind Leitungsposten öfter von Männern als von Frauen besetzt?
Simone Münz: Ganz einfach: Männer vernetzen sich besser, etwa im Rotary-Club oder in anderen Organisationen, daher werden auch mehr leitende Stellen mit Männern besetzt.
Kathrin Ruschke: Aber auch, weil man als Frau mehr dafür tun muss, wenn man in eine solche Position kommen möchte. In unserem Beruf gibt es selten Frauen, die sagen: Ich will Chefärztin werden. Viele wollen auch Familie und entscheiden sich daher nicht dafür, so intensiv zu arbeiten.
Elke Hirsch: Frauen haben eben wegen der Familie das Zeitmanagement stärker im Blick. Deswegen bleibt bei ihnen das Netzwerken auf der Strecke.
Wie begegnen Männer Ihnen beruflich?
Elke Hirsch: Ich bin oft die einzige Frau in einer Runde. Kommt man in Männerrunden, dann ist es eine andere Atmosphäre - die aber auch durchaus offen sein kann. Neulich bei einem Empfang wurde ein reiner Frauentisch schon von Männern beobachtet. Die Männer überlegten, wie sie auf diese Runde zugehen dürfen.
Aber als Frau muss man auch genau überlegen, wie man auf eine Männerrunde zugehen will. Mit einem lässigen Schulterklopfen wie unter Männern geht es halt nicht.
Simone Münz: Aber niemand würde uns ins Gesicht sagen, dass eine reine Frauen-Leitung im Krankenhaus seltsam ist.
Kathrin Ruschke: Während beispielsweise Frauen überlegen, ob sie einer Aufgabe gewachsen sind, sagen Männer: „Ich mache das“, selbst wenn sie fachlich nicht auf dem Stand der Dinge sind. Da denke ich oft, woher sie wohl das Selbstbewusstsein nehmen.
Es wäre zu einfach, wenn Frauenförderung im Diakoniekrankenhaus jetzt an erster Stelle steht. Wie sieht es aus?
Elke Hirsch: Frauen wurden bei uns, einer christlich geprägten Einrichtung, schon immer gefördert. Wenn es die Diakonissen nicht gegeben hätte, würden wir hier nicht sein. Die Diakonissen waren bürgerliche Frauen, die nicht untätig Zuhause sitzen und dem Elend zuschauen wollten. Sie wurden hier ausgebildet und stark gemacht, sie haben eine Krankenpflegeschule gegründet. Wir tragen dies ein Stück weiter, auch wenn wir keine Häubchen tragen. Der Blick ist aber heute ein anderer. Wir stellen uns Fragen wie die, wie wir einer Frau eine Facharztausbildung trotz Schwangerschaft und Familie ermöglichen können.
Kathrin Ruschke: Man kann Karrieren nicht fördern, wenn die Protagonistinnen sie nicht wollen. Wir haben alle Kinder - Elke Hirsch drei, Simone Münz eins und ich zwei. Es geht, es ist zu schaffen, auch mit Familie.
Heißt das, dass viele Frauen berufliche Chancen einfach nicht wahrnehmen?
Simone Münz: Wir führen gerade Bewerbungsgespräche. Viele junge Leute lehnen eine volle Stelle ab, sie wollen eine Halbtagsstelle. Das fällt mir schwer, nachzuvollziehen. Es ist eine andere Generation.
Kathrin Ruschke: Ich mache die Beobachtung, dass es sich die Generation der Frauen um die Mitte 30 einfach schön machen wollen im Leben. Sie sind daran interessiert, dass es in ihrem kleinen Umkreis funktioniert und dass sie eine ausgewogene Work-Life-Balance haben. Sie kommen oft aus gesicherten Verhältnissen, waren immer schon gut versorgt und haben keinen Druck, sich beruflich etwas aufbauen zu müssen. Das bedeutet, dass wir Alternativen aufzeigen müssen und uns als familienfreundlicher Betrieb beweisen müssen.
Wie stehen Sie dazu, dass eine gendergerechte Sprache von vielen gefordert und auch genutzt wird?
Elke Hirsch: Dienstlich sind wir daran gebunden, etwa in Ausschreibungen. Ich persönlich brauche das jedoch nicht. Braucht man die Wortwahl - als Beispiel - Patient oder Patientin, um Gleichberechtigung zu zeigen? Männer kochen heute, das haben sie früher nicht gemacht. Das ist gut.
Kathrin Ruschke: Da könnte man ja auch von Kindern und Kinderinnen sprechen? Ich finde das überflüssig.
Was ist Ihr persönlicher Wunsch zum Frauentag?
Simone Münz: Dass Frauen und Männer nicht auf das Geschlecht reduziert werden, sondern Fleiß, Leistung und Persönlichkeit zählen.
Elke Hirsch: Gegenseitige Akzeptanz, Offenheit und Toleranz. Und, dass man sich aufmerksam und respektvoll begegnet - sowohl dem anderen als auch demselben Geschlecht. Man kann auch mal einem Mann einen Blumenstrauß schenken, warum eigentlich nicht?
Kathrin Ruschke: Ich wünsche mir, dass Frauen sich stärker vernetzen und auch die Energie dazu haben. Das Ziel: Stärken umsetzen, um voranzukommen. Diese Möglichkeiten nutzen Männer stärker. Ich wünsche mir weiter, dass sich Männer und Frauen auf Augenhöhe begegnen und sich respektieren.
(mz)